Gegenwartszimmer

von

Albert Sigls Erzählungen auf Bairisch und Hochdeutsch werfen Schlaglichter auf das Leben im ländlichen Bayern in der jüngeren Vergangenheit und in der Gegenwart.
Der Blick auf die Nachkriegskindheit in Niederbayern ist unverklärt: Kindlichen Fragen wurde mit Grobheit begegnet, die Sprache war ungeschliffen, Gespräche waren karg, Gefühle wurden nur im Rausch gezeigt. Die Jugendzeit in den frühen 70er Jahren war bestimmt von Aufbegehren, Aufbruch aus der Enge, von politischen Aktionen und der Neugier auf die Liebe. In der unmittelbaren Gegenwart skizziert der Autor, wie das Geld schon längst die Macht über die Menschen gewonnen hat; für Arme und Fremde ist kein Platz, Existenzen werden ausgebeutet, zerstört.
Eine Art Hintergrundrauschen bildet Sigls tiefe Sympathie für die Schwachen in der Gesellschaft, für diejenigen, die Federn lassen müssen, auf der Strecke bleiben. Mit sarkastischem Humor und lakonischer Sprache beobachtet er den Alltag und die Menschen, ob beim Spatzenprellen, am Kirchweihfest, beim Kleben politischer Plakate, bei der Bekämpfung der Schneckenplage oder im Urlaub.
Mit „Gegenwartszimmer“ knüpft Sigl an „Kopfham“, „Die gute Haut“ und „Sonnham“ an. 2007 erhielt Albert Sigl den Ernst-Hoferichter-Preis der Stadt München für die ihm eigene Art zu erzählen. „Bitter ist der Grundton in Albert Sigls Geschichten vom Leben auf dem Land weit hinter der Stadt. Bitter und aufsässig, sehr bayerisch in der Wut und im bär­beißigen Hohn, so dass man beim Lesen selber hart auflacht“, heißt es in der Jury-Begründung.