Geh doch rüber! Revisited

Ein Ost-West-Lesebuch und seine Geschichte

2019: Deutschland feiert den Fall der Mauer vor dreißig Jahren, doch auf beiden Seiten ihres damaligen Verlaufs ist noch immer – vorurteilsbehaftet und häufig abwertend – von »denen da drüben« die Rede.
1985: Noch ahnt niemand, dass am Ende des Jahrzehnts die Mauer fallen wird, die seit 1961 die deutsch-deutsche Teilung auf ewig zu betonieren scheint. Die Menschen in den beiden Staaten sind einander fremd geworden. Frank Blohm, Psychologiestudent mit Wohnsitz in Berlin-West, will das ändern. Er sucht viele potentielle Autoren hüben wie drüben auf, um eine Anthologie mit Originaltexten über »Ost-West-Begegnungen« zu erstellen. Ob Verwandten- oder Freundesbesuch, Polittrip oder touristische Reise: In den Beiträgen wird deutlich, wie sehr alle Begegnungen von der Ost-West-Dichotomie geprägt werden. 1986 erscheint eine Auswahl an Texten im Luchterhand-Verlag unter dem Titel »Geh doch rüber!«, herausgegeben von einem vorsichtshalber fiktiven »Per Ketman«.
Nach 1989 tritt zutage, wie sehr die Staatssicherheit das Taschenbuch als Bedrohung der DDR empfunden hatte: Sie kontrollierte und observierte Frank Blohm über Jahre hinweg.
»Geh doch rüber!« kann heute als interessantes Zeitdokument gelesen werden, das die mitunter absurden deutsch-deutschen Verhältnisse der 1980er Jahre widerspiegelt. Die Neuauflage enthält daher die wichtigsten Beiträge der Originalausgabe. Sie wurde aber auch ergänzt um die Geschichte des Buches selbst sowie der Stasi-Verfolgung des Herausgebers, und schließlich blicken einige der Autoren jetzt, dreieinhalb Jahrzehnte später, noch einmal zurück: Wie war es damals – und was ist daraus geworden?
Mit Beiträgen u.a. von Bernd Wagner, Helga Schubert, Irene Böhme, Wilfried Linke, Jürgen Fuchs, Salli Sallmann und Michael Meinicke.