Geld oder Gülle

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Wer angesichts wachsender Arbeitslosenzahlen, steigender Steuerbelastungen sowie zunehmender Sozialkürzungen, undurchsichtiger Reformen oder immer größer werdender Ebbe im eigenen Portemonaie endgültig die Geduld verloren hat; wer sich aber dennoch noch nicht traut, einmal richtig „auf den Putz“ zu hauen, für den kommt das neue Programm des Erfolgskabarettisten Thomas Freitag gerade richtig.
In „Geld oder Gülle“ wird die Geschichte des Friseurmeisters Peter Holzer erzählt, der als neuer Nationalheld in die deutschen Geschichtsbücher eingehen könnte. Der letzte Steuerbescheid war es, der bei ihm das Fass zum überlaufen brachte; und mit 5278 Liter Gülle im Gepäck machte er sich von Braunschweig auf nach Berlin, um pünktlich um 19:10 Uhr Finanzminister Hans Eichel mit eben dieser duftenden Flüssigkeit zu übergießen. Heraus kam zunächst zwar nur eine weitere Steuer auf das Ablassen von Gülle in Ministerbüros, aber auch eine saftige Anklage wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt.
Eine Gerichtsverhandlung dient Thomas Freitag als Kulisse, um diesen Fall als furioses Kabarett aufzurollen. Denn wer hat hier eigentlich wen angegriffen? Und warum nicht gleich Freispruch für Peter Holzer, den neuen Che Güllevara ?
Ob als Staatsanwalt, Verteidiger, Richter oder Zeuge: Thomas Freitag kann seine komödiantische Rollenschauspielerei voll ausleben und dabei Facetten unseres absurden Alltags und unserer verqueren politischen Wirklichkeit erhellen.
Da wird die deutsche Tristesse und das „Klagen auf hohem Niveau“ ebenso aufs Korn genommen wie das Gerede vom Modernisierungsstau oder vom notwendigen Wachstumsschub. Die Gründung von „Ich AGs“ wird als temporeiche Parabel auf eine gespaltene Gesellschaft gespielt.
Und zu hören sind natürlich auch die vielen hohlen Phrasen und Stereotype unserer „Polit-Zombis“ aus den Talk Shows, die mit ihren Erklärungen endgültig zur Auflösung der Politik beitragen.
Herausgekommen ist ein Spiegelbild der bundesdeutschen Wirklichkeit, das nicht an kritischen Einsichten eigener liebgewordener Gewohnheiten und Verhaltensweisen spart.
Daher kommt alles mit einer ungeheuren spielerischen Leichtigkeit, wobei auch die Freunde der Parodie wieder auf ihre Kosten kommen, etwa wenn Willy Brandt in den Körper von Gerhard Schröder fährt oder Edmund Stoibers Visionen von seiner Majestät – Franz Josef Strauss – kommentiert werden. Und Angela Merkel scheint sich in ihren letzten großen Rede endgültig um Kopf und Kragen zu reden.
Geschrieben wurde das Bühnenstück vom Kölner Autor Dietmar Jacobs (u.a. RTL „Das Amt“, Kom(m)ödchen, Käptín Blaubär).
Regie führte Horst-Gottfried Wagner (zahlreiche Theaterproduktionen, Kom(m)ödchen, Thomas Freitag).