Geschichten ohne Heimat

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In einem seiner beiden Schreibsekretäre fanden sich Mappen mit Manuskripten, an denen er, im Lauf der Jahre, immer wieder gearbeitet hat. Ich kannte die meisten Geschichten, er hatte sie mir vorgelesen, als er sie schrieb. Von manchen Texten existieren vier, fünf Fassungen. Er hat sie immer weiter zu verdichten versucht. Er hatte, als er diese Geschichten, manchmal ganz kurze Kalendergeschichten, schrieb, keine Sammlung im Auge oder im Sinn, er schrieb zweckfrei, schrieb Sachen auf, die ihn beschäftigten, bedrängten oder die ihm Spaß machten und ihm gefielen. [.] Geschichten ohne Heimat hat er auf die Deckseite der Pappmappe geschrieben, in der er die Texte versammelte. Eben weil er nicht wußte, wohin sie gehörten, was er mit ihnen anfangen würde.
x09 x09 x09 x09 x09 x09 x09Aus dem Nachwort von Eva Strittmatter

Die ganze Strittmatter-Welt

Der Band mit Texten aus dem Nachlaß Erwin Strittmatters bietet eine dichte Sammlung unterschiedlicher Genres: von der „Kalendergeschichte“, wie Strittmatter seine Naturreflexionen in jener für ihn so bezeichnenden poetischen Verknappung nannte, über Short stories mit der konzentrierten, pointierten Beschreibung alltäglicher Vorgänge bis zur intensiven Erzählung. Dazu gehört die satirische Geschichte „Die Cholera“, die in der DDR nicht gedruckt werden durfte, oder der hintergründig-ironische Text „Ein Grundstück bei Rheinsberg kaufen“ und die sensible, facettenreiche Beschreibung eines Besuches bei Halldór Laxness.

„Kleine Texte und doch die ganze Strittmatter-Welt: Pferde, Kiefern, Frostnächte, violette Himmel, Maiglöckchenhügel – und der ganz normale Wahnsinn namens Mensch.
x09 x09 x09 x09 x09 x09 x09 x09 x09Der Spiegel