grate

von

In „GRATE“ verdichtet die als „.aufzeichnensysteme“ auftretende Autorin scharfkantig geschnittenen Satzbruch aus eigenen Prosatexten und Notizbüchern zu minimalistischen zweizeiligen Gefügen. Das in vier Formationen (betitelt als „Dampf“, „Starre“, „Licht“ und „Ton“) ausgebreitete Material verbindet sich zu fragilen Mini- Syntagmen nur weniger Wörter, die ursprünglichen Kontexte sind fast ganz verwischt. Im schroffen Wechsel der Begriffe, Bilder und Vorstellungen choreographiert der Text multiple, sich überlagernde Geschichten. Bloße Ahnungen statt Gewissheit, permanentes Neuanheben statt Kontinuität versetzen den Leser in einen Zustand intensiver Zuwendung. Solch „dramatische“ Sprunghaftigkeit forciert eine „mehrgleisige“ Rezeptionsweise, welche die Verarbeitung flirrend wechselnder Bedeutungen mit der Betrachtung von Komposition und Tektonik zusammenführt, Text als forminhaltliche Konstruktion begreift. In dem nach arithmetischen Prinzipien organisierten Buch gewinnt das kalkulierte Spiel mit Gleichlaufschwankungen semantische Relevanz. Kontinuierlich eingespeiste Einzeiler durchbrechen die Routine der Disticha, „Störung“ und „Einspruch“ werden als systemimmanente Setzung konkret.
Mit „GRATE“ spitzt „.aufzeichnensysteme“ das in ihrem Buch „IM GRÜNEN“ entwickelte Modell der Decollage weiter zu, nicht zuletzt als überzeugende Großmetapher für ebenso brisante wie diskrete Prozesse, die unsere sozialen und ökonomischen Umgebungen prägen.