Grenzgänger zwischen Philosophie und Poesie

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Die verbesserte und erweiterte Monografie von 2012 konzentriert sich auf zehn Romane und vier Erzählungen. Sie widerspiegeln Roths Werdegang von einem sozialpolitischen Autor mit Tendenzen zum Expressionismus zum Anwalt jüdischer Kultur und dem österreichischen Vielvölkerreich.Eine subtile Bewegung zwischen Rebellion und Resignation, Atheismus und Mysik, Reformierbarkeit und Determination, jüdischen und christlichen Glaubens, realen und märchenhaften Strukturen zeichnet sich ab. Dabei entsteht ein komplexer Ding- und Farbsymbolismus, Textreferenzen und Legenden.Die Themen variieren geringfügig um Roths Leitmotive der Heimatlosigkeit, Schuld, Schicksal, Entwurzelung, Melancholie und Weltverlorenheit, doch das Unrettbare besticht in seiner Aktualität der Schicksalshörigkeit.Roth geht es immer um den ganzen Menschen. Dies macht die Komparatistik mit Vicki Baum, Hugo von Hofmannsthal, Heinrich Mann, Arthur Schnitzler, Stefan Zweig, Franz Werfel, Heimito von Doderer, Robert Musil und Lion Feuchtwanger deutlich. Philosophische Nähe liegt zu Arthur Schopenhauer, Karl Jaspers, Ernst Mach, der Milieutheorie um Emile Zola und dem Geschichtsbegriff von Walter Benjamin vor. Die Auseinandersetzung mit der Zeitgeschichte des k.u.k. Chronisten komplettiert die detaillierte Studie. Roth sucht vergeblich nach einer Lösung, den Zerfall zu überwinden. Er steht auf der Seite der Verlierer, die in den Gräben verloren gehen und in ihren Gräbern zu Lebzeiten verstummen. Heimat ist dabei mehr als eine Region, sie ist Sprache, Weltanschauung, Politik und Geborgenheit. Der Autor macht sich zum Sprachrohr der Verstummenden und Orientierungslosen auf ihrer schmerzvollen Suche nach Identität. Auf der Spurensuche seiner persönlichen Apokalypse setzt er sich durch Sprachbilder von hoher Musikalität mit Katharsis, Krise und unverschuldeter Schuld auseinander. Bernd Oei, Philosoph, Romanist und Autor, stellt Roth in seiner Reihe von 20 Grenzgängern zwischen Philosophie und Poesie vor.