Hamburger Sinologische Schriften

von

Das Chiao-Pin lu k’ang-i [Jiaobin-lu kangyi] 校邠廬抗議 von Feng Kuei-fen [Feng Guifen] 馮桂芬 (1809–1874) gilt als grundlegender Text der chinesischen Reform- und Selbststärkungsbewegungen im 19. Jahrhundert. Die vorliegende Arbeit untersucht Entstehung und Überlieferung dieses Werkes, wobei sie erstmals acht bislang unbekannte Manuskripte des K’ang-i sowie weitere neue – großenteils handschriftliche – Quellen berücksichtigt. Daraus ergibt sich das detaillierte Bild eines Werkes, dessen Intentionen, Inhalt und Umfang vielfältige Wandlungen durchlaufen hatten, bevor es seine heute bekannte Form erreichte. Nicht nur Feng Kuei-fen schrieb sein Buch mehrmals um, auch seine Herausgeber erlaubten sich – lange nach Tod des Autors – erhebliche Eingriffe in den Text. Bei all diesen Umgestaltungen wird deutlich, daß „Reformideen“ allenfalls vordergründig eine Rolle spielten; dahinter erscheinen ganz andere Themen: philologische Streitereien, persönliche Polemiken und scharfe Herrschaftskritik. Während Fengs Zeitgenossen diese subkutane Bedeutungsebene noch deutlich erkannten, ist sie seinen Lesern des 20. Jahrhunderts entgangen. Diese Untersuchung zeigt, wie das Chiao-Pin lu k’ang-i im Ursprungsmilieu wohl gelesen wurde. Sie eröffnet neue Perspektiven für das Verständnis Feng Kuei-fens und der „Reformbewegung“ des 19. Jahrhunderts.