Hamburger Sinologische Schriften

von

Die Jin-Dynastie (265–420) war eine frühe Blütezeit der chinesischen Historiographie. Zwar wurden nur wenige der damals entstandenen Chroniken und Biographiensammlungen vollständig überliefert, doch sind von ihnen genügend Fragmente erhalten, um aus ihnen Rückschlüsse auf die verschiedenen Gattungen, die innere Struktur einzelner Werke und in Einzelfällen sogar auf die Zielsetzungen ihrer Verfasser ziehen zu können. Der erste Teil des Buches bietet Einblick in die Arbeit der Palastbibliothek als der für Geschichtsschreibung zuständigen höfischen B ehörde. Mehrere ihrer Mitarbeiter waren zugleich Verfasser von Chroniken, die jedoch überwiegend nicht vom Hof in Auftrag gegeben wurden, sondern in privater Initiative entstanden. Gegenstand des zweiten Teils sind mehrere in der Jin-Zeit entstandene Chroniken. Obwohl in allen die Einheit des Reiches eine wichtige Rolle spielt, läßt sich aus ihnen zugleich eine kritische Haltung der Chronisten gegenüber der Zentralmacht und deren Politik ablesen. Deren Augenmerk liegt auf der Eigenständigkeit der großen Regionen des Reiches sowie der Gentry-Familien. So liegt es nahe, daß sie bei der Kompilation ihrer Werke zur Reichsgeschichte in starkem Maße auf biographisches Material zurückgriffen, das von deren Interessen geprägt war. Die politische Sprengkraft dieser Werke dürfte auch der Auslöser dafür gewesen sein, daß sie unter der nachfolgenden Dynastie einer rigorosen Zensur unterworfen wurden.