Hefte zur Regionalgeschichte

Das Pogrom von Gunzenhausen 1934

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Das Gunzenhausener „Palmsonntagspogrom“ vom 25. März 1934 wird von dem renommierten britischen Historiker Ian Kershaw zu Recht als der „schlimmste Auswuchs von Judenhass vor der ‚Reichskristallnacht‘ in Bayern“ bezeichnet. Es sorgte für weltweite Schlagzeilen; so berichteten damals u. a. die New York Times und der Manchester Guardian über die Ausschreitungen in Gunzenhausen. Angeführt von der örtlichen SA drang damals der Mob gewaltsam in jüdische Wohnungen ein und verschleppte etwa dreißig Männer und Frauen in das Gefängnis. Hierbei wurden viele der in „Schutzhaft“ Genommenen misshandelt; zwei Juden, Max Rosenau und Jakob Rosenfelder, kamen hierbei zu Tode. An diesem Pogrom soll sich bis zu einem Drittel der Gunzenhausener Bevölkerung beteiligt haben.
Die Auswertungen von erst kürzlich aufgefundenen Polizei- und Gerichtsakten lassen einen genaueren Blick auf die Ereignisse des Jahres 1934 zu, als dies bisher der Fall war. In einem Projekt des Nürnberger Instituts für NS-Forschung und jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts mit Schülern des Ansbacher Platen-Gymnasiums wurden systematisch Aussagen der Opfer, Täter, neutraler Zeugen sowie der Umgang der Justiz mit den Vorfällen analysiert. Gunnar Beutner, einer der Ansbacher Schüler, schrieb seine Facharbeit in Geschichte über die traurigen Geschehnisse in der Altmühlstadt.
Dieser Text steht im Mittelpunkt der Publikation.
Daneben veröffentlichen Mitarbeiter des Nürnberger Instituts Ihre neuesten Forschungsergebnisse: Brisant ist die Untersuchung von Peter Zinke zu den Todesumständen von Max Rosenau und Jakob Rosenfelder, die in Zusammenarbeit mit dem Leiter der Nürnberger Gerichtsmedizin, Dr. Armin Steinkirchner, durchgeführt wurde. Denn nun scheint die Frage, ob Mord oder Suizid, recht eindeutig beantwortet. Die Herausgeberin Heike Tagsold ordnet den Mord an dem jüdischen Wirt Simon Strauß im Juli 1934 in den Kontext des reichsweiten Machtverfalls der SA ein. Der Gunzenhausener Stadtarchivar Werner Mühlhäußer rundet die Publikation mit einer Beschreibung seiner Archivbestände und einem Abriss über die bisherige Auseinandersetzung der Stadt mit ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit ab.