Heidegger und Sankara

Die hermeneutische Zusammengehörigkeit von "Atman" und "Brahman"

von

Die Erörterung der wechselseitigen Anteilnahme der abendländisch-morgenländischen Grunderfahrung im Bereich des Denkens, insbesondere in der Befugnis der ontologischen Seinsverständnisse, ist die beabsichtigte Aufgabe dieser Arbeit. So setzt der Autor den Schwerpunkt dieser Untersuchung darauf, die Vedanta-Darlegung des Brahmans als ‚Sat-Cit-Ananda‘ durch das ontologische Verständnis Heideggers zu betrachten. Philosophieterminologisch ist es eine ontologische Untersuchung im vergleichenden Denkbereich, dass die Advaita-Darlegung des Bestehenden als die Nicht-Dualität (‚Advayam‘) parallel den Weg zu dem ontologischen Standpunkt Heideggers bahnt, dass nach dem Advaita-Vedanta das Universum als das ‚Eine‘ und ‚Selbige‘ betrachtet wird; dieses ‚Eine‘ und ‚Selbige‘ heißt dogmatisch ‚Brahman‘. Im Hinblick auf die Betrachtung, dass das Sein als das ‚Eine‘ und ‚Selbige‘ zu begreifen ist, kennzeichnet Heidegger die langwaltende Tradition des abendländischen Seinsdenkens als die Epoche der Seinsvergessenheit.
Sowohl haben die Wahrheitsverständnisse Heideggers vieles gemeinsam mit dem in dem Advaita-Vedanta dargelegten ‚Sat‘. Die Heideggersche Untrennbarkeit von Wahrheit und Sein ist in Advaita-Vedanta soweit dargelegt worden, dass das Advaita-Denken das Wahrheitsphänomen sowie das Sein begrifflich unter ‚Sat‘ versteht. Das Seinsdenken Heideggers als ontologischer Monismus und das Advaita-Denken als uneingeschränkte Nicht-Dualität sind an einem Punkt gleich, nämlich in der Verneinung der waltenden Subjektivität, das Ich-Denken. Zugleich sehen wir, wegen seiner Akzente auf dem Weg des Wissens (‚Jnana-Yoga‘), und dem Standpunkt, dass ‚das Erlösungsmittel das Wissen‘ ist, bahnt Śaṅkara parallel zu Parmenides einen Weg des Seins, in dem das Wissen und die Wahrheit (‚Sat‘) zu ihrer wesentlichen Entfaltung kommen, wo das Zusammengehören als ‚das Zwischen‘ zwischen dem Sein und Seienden (zwischen dem Brahman und Jiva) zu wesentlicher Entfaltung kommt. Das ist auch die Einzigartigkeit dieser Untersuchung, dass wir in dieser Untersuchung bisher übersehene Aspekte des vergleichenden Seinsdenkens bejahen.