Herbert von Karajan

Der Dirigent im Lichte einer Geschichte der musikalischen Interpretation

Fast jede neue Veröffentlichung über den Dirigenten Herbert
von Karajan entfacht heftige Diskussionen. Ähnlich wie bei
seinen um Jahrzehnte älteren Kollegen Arturo Toscanini und
Wilhelm Furtwängler geschieht dies jedoch zumeist auf der
Basis längst festliegender Urteile. Auffallend ist, dass die
Frage nach einer musikalischen Interpretationsgeschichte
und dem Platz, den diese Dirigenten darin einnehmen, kaum
je gestellt wird.
Geht man von den Unterschieden der Generationen und
’nationalen Kulturen‘ aus, steht keineswegs fest, wo der
Salzburger Herbert von Karajan einzuordnen ist. Steht er
quer zu der ‚Espressivo‘-Richtung von Gustav Mahler und
Mengelberg, und wie verhielt er sich zur ’neuen Sachlichkeit‘,
die Igor Strawinsky gefordert und selbst praktiziert hat?
Unbestritten ist, dass Herbert von Karajan eine zentrale Rolle innerhalb der wohl tiefgreifendsten Revolution der Musikkultur
des 20. Jahrhunderts, der ‚technischen Reproduzierbarkeit
‚ von Musik auf Ton- und Bildträgern, gespielt hat.
Eine Geschichte der Aufnahmetechnik und der Klangvorstellungen,
die diese geleitet haben und weiterhin leiten,
fehlt jedoch. Es fehlt auch eine Geschichte der musikalischen
Interpretation im 20. Jahrhundert.
Der weltweite Ruhm des Dirigenten Herbert von Karajan
steht, knapp 20 Jahre nach seinem Tod, außer Frage.
Die geringe Kenntnis seines Musik- und Werkverständnisses
bildet dazu einen eigenartigen Kontrast.
Dem will dieses Buch entgegentreten. Karajans Interpretation
von Bach bis Schönberg kann zudem hörend auf der mitgelieferten
CD nachvollzogen werden.