Ich bin von uns

Wie ich in Klink aufwuchs und warum ich dann ging …

von

Schlesien bedeutet nicht nur Krieg, Vertreibung und Flucht. Es gibt auch eine andere Geschichte.
»Papa, erzähle mir eine Geschichte«, bat mich Vivienne fast jeden Abend, als ich sie ins Bett brachte.
»Was soll ich dir denn erzählen?«
»Denk’ dir etwas aus! Oder am besten erzähle mir eine wahre Geschichte!«
»Ja, genau! Erzähle mir eine Geschichte aus deiner Kindheit!«
Eines Abends war ich mit meiner Erzählung noch nicht fertig, da sah ich, dass Vivienne weinte.
»Warum weinst du? Weine nicht! Wir hatten eine schöne Kindheit. Wir hatten nicht viel, aber wir waren glücklich. Es gibt wirklich keinen Grund zu weinen.«
»Papa, ich weine nicht, weil ihr eine schlechte Kindheit hattet«, schluchzte sie die Wörter heraus. »Ich weine, weil eure Kindheit so wunderschön war, weil ihr so unbeschwert in der Natur, im Wald, am Fluss spielen konntet. Ich weine, weil ihr Sachen anstellen konntet, weil ihr frei wart. Heute ist eine solche Kindheit nicht mehr möglich!«

In diesem Moment wurde mir klar, dass die Geschichten aus meiner Vergangenheit nur noch in meinem Gedächtnis, in meinem Herzen existieren. Wird es mich irgendwann nicht mehr geben, wird diese Geschichte nicht mehr erzählt werden. Und so erzähle ich in diesem Buch von meinem Leben in Klink, von meiner Kindheit, meiner Jugend und vom Erwachsenwerden, von der Ausreise unserer Familie in die Bundesrepublik Ende der 1980er-Jahre und der ersten Zeit in Deutschland. Von Leiden und Glück, von Hoffnung und Verzweiflung, von Zwang und Freiheit … von meinen ganz persönlichen Schritten auf dem Weg des Lebens.