Ich halte mir diesen Brief wie einen Hund

von

Ich habe Marina geliebt.

Das ist aber Vergangenheit. Darum habe ich begonnen, diesen Brief an sie zu schreiben. Diesen Abschiedsbrief.

Lange haben mich die Gedanken an den Brief beschäftigt. Jetzt schreibe ich ihn endlich. Und deshalb muss ich Marina loswerden. Sofort! Denn der Brief an sie hat längst ihren Platz in meinem Leben eingenommen.

Ich kann keinen anderen Menschen gebrauchen neben meinem Brief, welchen in den Briefkasten zu werfen ich nicht imstande bin. Immer wieder gehe ich zum Briefkasten, um diesen Brief an Marina abzuschicken. Dennoch kann ich mich nicht von ihm trennen.
Natürlich weiß deshalb Marina nicht, was in dem Brief an sie steht. Dass es keinen Platz für sie in meinem Leben mehr gibt. Erschwerend kommt hinzu, dass Ludwig, dieser schon während unserer gemeinsamen Schulzeit verhasste Ludwig, auftaucht. Neben Marina.

Was will Ludwig von Marina? Warum sucht er in ihrem Schatten plötzlich meine Nähe?

Und wie soll ich den Brief auf Dauer in meiner Nähe ertragen, der beginnt, meine Abläufe zu beeinflussen, der sich in meine Angelegenheiten mischt?

In diesem letzten Teil der ’seltsamen, autobiografischen Trilogie‘, nach ‚Calcata‘ (2009) und ‚Der dunkle Bellaviri‘ (2013), stellt Markart neuerlich seine literarische Bandbreite und seine Sprachkunst unter Beweis!

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