Innsbrucker theologische Studien

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Wahrheit oder Fälschung? Möchte man hier fragen. Lukas berichtet nicht authentisch über Paulus, sondern führt paulinisches Gedankengut weiter. Die bibelwissenschaftliche Untersuchung geht von einem scheinbar widersprüchlichen Befund aus: Lukas widmet dem von ihm hochgeschätzten Paulus den Haupteil seiner Apostelgeschichte – aber die Missionsreden, die Paulus nach-denkend selbst formuliert, sind zwar nicht vor-, aber nachpaulinisch. Ein „unpaulinischer Paulinismus“? In Wirklichkeit handelt es sich um ein fundamentales und exemplarisches Pastoralproblem: Das Doppelwerk des Lukas (Evangelium und Apostelgeschichte) ist an eine Gemeinde(gruppe) in Kleinasien gerichtet, die ursprünglich heidenchristlich war, ihre Gründung auf Paulus zurückführte und sein theologisches Erbe pflegte. Aber ihre Situation hat sich verändert durch Einwanderung nach dem Aufstand von 70 n.Chr. aus Palästina geflüchteter Judenchristen. Das brachte andere Fragen mit sich. Lukas nimmt deshalb paulinische Ausdrücke und Gedanken auf, aber er aktualisiert sie und akzentuiert sie neu durch eine hellenistisch-zeitgemäße „Legitimationstechnik“.