Jenseits der Sterne /Beyond the stars

Neue Photographien aus Amerika

von , ,

Das Buch:

‚Amerika hat einen Auftrag von ›jenseits der Sterne‹‘,
– so George W. Bush 2005 bei seinem zweiten Amtsantritt.
Seit dem Vietnam-Krieg hat kein US-Präsident
die amerikanische Hybris so verkörpert wie
dieser. Und Sterne haben seit dem 11. September
Hochkonjunktur in den USA – im patriotischen Flaggenmeer
der ›stars & stripes‹. Der Journalist Sebastian
Hesse hat mit der Kamera dem nachgespürt, was sich
dieser Tage ›jenseits der Sterne‹ abspielt. Hat im Bild
festgehalten, wie Alltag und Lebensrealität der rätselhaften
Großmacht aktuell aussehen.
Sebastian Hesse hat den Alltag mit der Leica erkundet,
hat sich auf photographische Streifzüge begeben,
– in den Straßenschluchten Chicagos ebenso wie in
den Weiten des Mittleren Westens. Hesses Leitbild ist
die Autorenphotographie eines Robert Frank, mit
dem Blick des faszinierten, aber befremdeten Europäers
auf die USA in den 50er Jahren. Fünf Jahre lang ist
Hesse durch die USA gereist, die Leica immer bereit.
Entstanden ist eine sehr persönliche Bestandsaufnahme.
In klassischen Schwarzweißbildern hat der Photograph
festgehalten, was er charakteristisch fand.
Wie keine andere Gesellschaft fand er diese anziehend
und abstoßend zugleich. Das spiegeln seine Bildmotive:

Die kleine Ladenkirche in Nebraska, der
steinalte Friseur in einem texanischen Kaff, die
herausgeputzten Gläubigen einer Gospelkirche, die
urbane Tristesse der sterbenden Hafenstadt Baltimore,
die sechsköpfige Migrantenfamilie aus Guatemala
in ihrer Einzimmerwohnung.
Sebastian Hesse traf Grenzgänger zwischen den USA
und Mexiko. Er hat eine evangelikale Mega-Church in
Kansas besucht. Er hat mit Southern Baptists Gottesdienste
gefeiert, ist mit ›white trash‹ bei patriotischen Paraden mitmarschiert. Immer wieder spielt Religion
eine Rolle in den Bildern: Die anrührende Frömmigkeit
kleiner Stadtteilgemeinden ebenso wie der Missionseifer
der religiösen Rechten. Unübersehbar ist in
den USA derzeit, wie nachhaltig Einwanderer aus Lateinamerika
das Land verändern: Sebastian Hesse hat
›la frontera‹ besucht, – die einzige Grenze zwischen
Erster und Dritter Welt. Und er ist den Neuankömmlingen
gefolgt in die ›barrios‹, die sich ausbreitenden
Latino-Viertel der amerikanischen Großstädte.
Hesse zeichnet das Bild einer Gesellschaft im Wandel,
die sich verstört an überkommen geglaubte Traditionen
klammert, an Rituale und ein Selbstverständnis,
das Europäern fremd ist. Auch deshalb – so Hesses
Wahrnehmung – waren die Amerikaner so empfänglich
für den Bush-Patriotismus und für dessen Großmacht-
Phantasien von moralischer Überlegenheit
und göttlichem Auftrag.