Kaiserwetter

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Der Roman ‚Kaiserwetter‘, war das erzählerische Debut des hannoverschen Autors Karl Jakob Hirsch (1892-1952), der literarisch bis dahin als Essayist und expressionistischer Lyriker hervorgetreten, vornehmlich aber als Zeichner und Graphiker, zudem als Bühnenbildner bekannt geworden war. In seinem zu weiten Teilen in der preußischen Provinzhauptstadt Hannover angesiedelten Roman liefert er im vergegenwärtigenden Rückblick ein exemplarisches Bild der endenden wilhelminischen Epoche, bei der, allem äußerlichen Glanz und Gloria zum Trotz, das ‚Knistern im Gebälk‘ nicht zu überhören ist – und der teils höflich kaschierte, teils offen demonstrierte Antisemitismus nicht zu übersehen. Im Zentrum des ungemein personenreichen, nach dem Prinzip des ‚Nebeneinander‘ komponierten Buches stehen dabei zwei hannöversche Familien – die des kleinbürgerlich deutschnationalen Postschaffners Emanuel Tölle und die des großbürgerlich jüdischen Anwalts S. de. Vries. Die Gestalt des jungen Joe de Vries hat Karl Jakob Hirsch mit allerlei eigenen Charakterzügen ausgestattet, vor allem aber hat er in ‚Kaiserwetter‘ ein bezwingendes, bisweilen amüsiert herzliches, allemal aber kundiges Porträt seiner Vaterstadt Hannover entworfen – vom Clevertor bis nach Hainholz, vom Kirchröder Turm bis zum Misburger Damm. Er kannte sich aus. Und das gilt gleichermaßen für das hannoversche Personal des Buches, dem Hirsch mit wenigen Strichen (‚tjaäö.‘) Plastizität verleiht – vom pathetischen Provinzmimen bis zum gänzlich unpathetischen, dafür unvergeßlich skurrilen ‚Knabenlehrer‘. Als bewußt gesetzter Anachronismus ist zudem der ‚Fall Haarmann‘ aus den 20er-Jahren in die ‚Kaiserwetter‘-Epoche zurückdatiert, bei dem der Anwalt de Vries gleichsam die Rolle des hannoverschen Philosophen Theodor Lessing übernimmt.