Kampa Salon

Gespräche

von ,

Als der Journalist Caspar Shaller Margaret Atwood im Herbst 2018 in Toronto trifft, ist er erstaunt, wie klein »die kanadische Königin der Literatur« (Freundin) ist und wie groß ihre Sonnenbrille. Im Café sprechen sie zwei Tage lang über ihre Gedichte und Romane, über Totalitarismus und Religion, über die Post-Truth-Ära, die verschiedenen Facetten von Feminismus, die #MeToo-Debatte und über Beyoncé. Trumps Amerika kennt Atwood so gut wie Kanadas Wälder, wo sie ihre Kindheit fernab städtischer Zivilisation verbracht hat und die sie zur Umweltaktivistin gemacht haben. Die unfreiwillige Prophetin der ökologischen Katastrophe und des Wiederaufstiegs des Faschismus erzählt auch davon, wie die rot-weißen Roben der Protagonistinnen aus ihrem dystopischen Roman Der Report der Magd zu einem Meme der Anti-Trump-Bewegung wurden – und verrät, wie düster es in der Romanfortsetzung, die noch in diesem Jahr erscheint, weitergehen wird. Hellwach, kämpferisch und mit tiefer Menschenkenntnis analysiert Atwoodas Zeitgeschehen und beweist, dass sie auch mit achtzig Jahren nichts an sprachlicher Brillanz, politischem Gespür und Gerechtigkeitsstreben eingebüßt hat – ebenso wenig wie an Humor.