Kanal

von

Ein Zugang zum Meer – Traum oder Trauma? Für die alkohol- und zigarettensüchtige Kanzlerin eines Binnenlandes ist diese Utopie beschlossene Sache und einziges Mittel zum Machterhalt. Nur noch das dumme Volk und die Medien müssen von dem irrwitzigen Kanalprojekt überzeugt werden. Währenddessen bohrt bereits im Untergrund ein verwegenes Bauteam auf der Suche nach dem ersehnten Wasser tief ins Ungewisse, vielleicht zu tief. Unwissend und fernab des gewaltigen Vorhabens treibt ein fischendes Liebespaar unbeteiligt auf den Wogen des Ozeans und wird dennoch vom Strudel der Ereignisse eingesogen.

Leopold Maurer zeichnet in seinem Comic Kanal ein verheerendes Bild der politischen Kaste: Willkür und Überheblichkeit der Entscheidungsträger auf der einen, Duckmäusertum und Konformismus der Berater auf der anderen Seite – das Volk spielt für die Herrschenden keine Rolle. Mit scharfem Blick und bösem Humor legt Maurer die Absurditäten eines politschen Systems bloß. Seine knappen, präzisen Schwarz-Weiß-Zeichnungen illustrieren parabelhaft das Sittenbild einer modernen Gesellschaft, die sich ihrer eigenen Entfremdung schon längst nicht mehr bewusst ist. Aber es gibt auch – wie immer bei Maurer – die Ahnung von Poesie, von Hoffnung, von Liebe.