Karl Mays Werke: Historisch-Kritische Ausgabe für die Karl-May-Stiftung / Abteilung I: Frühwerk / Die Fastnachtsnarren

von

Humoresken von Karl May. Herausgegeben von Ulf Debelius und Joachim Biermann.

Als Textgrundlage für die in diesem Band vereinten Erzählungen wurden die jeweiligen Zeitschriftenerstdrucke gewählt, da sie den May’schen Manuskripten vermutlich am nächsten stehen und May bei Münchmeyer-Erzählungen selbst der verantwortliche Redakteur war.

512 Seiten, Halbleinen-Band mit Lesebändchen, Buntpapierbezug und Silberprägung

Karl May bediente in den ersten Jahren seiner schriftstellerischen Karriere praktisch alle gängigen Genres der Gebrauchsliteratur: Vom historischen Roman über exotische Abenteuererzählungen bis hin zu Dorfgeschichten und Humoresken reichte sein Repertoire. Nach „Der beiden Quitzows letzte Fahrten“ (I.4) liegt nun mit „Die Fastnachtsnarren“ ein weiterer Band aus dieser frühesten Schaffensphase vor. Er vereinigt alle bis 1879 ntstandenen Humoresken mit Ausnahme der Dessauer- und Blücher-Erzählungen in der Fassung des Zeitschriftenerstdrucks und gibt damit zum ersten Mal die Möglichkeit, diese später vom Autor selbst als „Vorübungen“ bezeichneten Texte in ihrer Gesamtheit und chronologisch geordnet zu betrachten.

„Die vierzehn Humoresken und zwei Fragmente des vorliegenden Bandes sind für Karl May exemplarisch, denn sie verdeutlichen die Arbeitsweise Mays bis in die Zeit der späten Reiseerzählungen (.) Mays Methode, Motive und ganze Plots immer wieder aufzugreifen und Texte in einem Umfang zu überarbeiten, dass sie nicht mehr als Varianten, sondern als eigenständige Neufassungen älterer Versionen anzusehen sind, zieht sich durch einen Großteil seines literarischen Schaffens.“ (Aus dem Editorischen Bericht). Bandbearbeiter Ulf Debelius legt in diesem knapp 90 Seiten umfassenden Bericht ein Hauptaugenmerk auf die Rekonstruktion der Entstehungsdaten der einzelnen Erzählungen und auf ihre Motivabhängigkeiten untereinander, die durch eine schematische Darstellung am Schluss des Bandes verdeutlicht werden. Die Entstehungsdaten sind aus dem nur punktuell überlieferten Quellenmaterial lediglich in Ausnahmefällen mit Sicherheit zu benennen, und erst durch umfangreiche Textvergleiche sowie Wort- und Stilanalysen unter Heranziehung der aus diesem Schaffenszeitraum überlieferten Manuskriptfragmente war es möglich, hier zu Ergebnissen von einiger Wahrscheinlichkeit zu gelangen. Diese erhärten die in der Forschung schon seit längerem vertretene These, dass May bereits vor seiner Inhaftierung im Zuchthaus Waldheim schriftstellerisch tätig war. Sie lassen zudem Rückschlüsse auf Mays Umgang mit Verlegern und Zeitschriftenredaktionen in dieser frühen Phase zu: So bot er dem Verlag Göltz & Rühling über Jahre hinweg bereits zuvor gedruckte Arbeiten als Originale an, indem er konsequent Titel änderte, ein Pseudonym verwendete und Manuskriptdoubletten einreichte, wie der Vergleich aller überlieferten Drucke von „Die verhängnißvolle Neujahrsnacht“ und deren Neufassung „Die beiden Nachtwächter“ belegt.
Insgesamt gibt der Band einen aufschlussreichen Einblick in die Werkstatt eines Gebrauchsliteraten, der schon in dieser Schaffensperiode deutlich bemüht war, diesen Status zu überwinden und seinen eigenen, unverwechselbaren Stil zu finden. „Die Plastizität in der Beschreibung seiner später insbesondere in den Jugenderzählungen auftauchenden skurrilen Nebenfiguren – exemplarisch genannt seien nur der Hobble-Frank, die beiden Snuffles und der ›Fremdsprachenexperte‹ Heimdall Turnerstick – wäre ohne diese Vorstudien jedoch kaum denkbar. May hatte mit diesen ersten literarischen Gehversuchen somit eine wichtige Basis für seinen späteren Erfolg gelegt.“ (Aus dem Editorischen Bericht).