Kinderspielplatz

Zwei öffentliche Reden über Kritik, Zustimmung, Zeitgeist. Mit einem Anhang: Tagebuchstellen von 1957 bis 2004.

von

Martin Walser auf der Suche nach Geistesgegenwart und auf einer abenteuerlichen Fahrt in die „Einbahnstraße Zeitgeist, in der der Gegenverkehr geahndet wird“. Welche Kriterien bestimmen den Zeitgeist und fungiert der Zeitgeist als mächtiger Schutzpatron der Kritik? Mütter sind vielleicht die einzigen Lebewesen, die auf ihre Kinder, wenn sie denen etwas beibringen wollen, bejahend reagieren. In Martin Walser hat die mütterliche Seite immer überwogen. Das machte ihn zu einem Förderer und gleichzeitig zu einem passionierten Nichterzieher. Sein Bedürfnis nach Zustimmung verhalf unbekannten Autoren oft zur ersten Anerkennung im Literaturbetrieb. Diesen Betrieb kennt Walser zur Genüge. Wer selbst so viel Kritik wie Zustimmung geerntet hat wie er, weiß, wovon er spricht, wenn er seine Erfahrungen mit Kritik und Zustimmung und mit dem jeweils herrschenden Zeitgeist zur Sprache bringt. Der Kritiker schreibt, wenn er über mich schreibt, immer auch über sich. Dass er auch über sich selbst schreibt, sollte aber, meint Walser, in der Kritik vorkommen. Das wäre Geistesgegenwart. Walser fragt: Warum fehlt der Kritik das Selbstbewusstsein mitzuteilen, wie und woraus sie entsteht? Oder muss Kritik nur sich selbst genügen? In seinen beiden Reden Kritik oder Zustimmung oder Geistesgegenwart und Erfahrungen mit dem Zeitgeist aus dem Jahr 2008 zieht der Schriftsteller eine persönliche Bilanz. In dem „Anhang mit Tagebuchstellen von 1957 bis 2004“ wird erlebbar, wie der Autor unmittelbar reagiert auf Kritik und Zeitgeist, und wie er damit umgeht. Das Bewusstsein als Ort der Auseinandersetzung. Auch der Auseinandersetzung mit sich selbst. Sehr viel näher als in diesen Tagebuchsätzen kann man einem Autor nicht kommen.