Kleine Mainzer Schriften zur Theaterwissenschaft

Vom klassischen Ballett zum Ausdruckstanz

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Das Verhältnis von Tanz und Technik ist eine kulturspezifische Angelegenheit. Tanztechniken sind kulturell strukturierte Bewegungsformen, die einen operativen Umgang mit Symbolen ermöglichen und einer Kultur symbolisch zum Ausdruck verhelfen. Als „Körperwissen“ in Bewegung regulieren Tanztechniken aber nicht nur die Seite der Verkörperung. Tanztechniken ziehen auch kognitive Prozesse nach sich. Durch „Lernen mit dem Körper“ bewirken sie subjektive Erfahrungsprozesse. Dabei erfährt der Körper zugleich seine kulturelle Prägung. Zeichnet sich das klassische Ballett gerade durch seine artifizielle Technik aus, so zeigt sich im Ausdruckstanz eine gezielte Suche nach der „Natur des Tanzes“. Die Wege, wie sie Loïe Fuller und Isadora Duncan hierfür beschreiten, münden aber wie das Ballett in performativen Wissensformen des kulturellen Gedächtnisses. Stets bewegt sich der Körper im Tanz auf kulturellen Pfaden. Eine „Natur“ im Tanz kann in dieser Studie deshalb nicht ausfindig gemacht werden. Als Teil von Kultur zeigt sich im Tanz vielmehr die „Natur der Kultur“: das Erfinden und Schaffen von Techniken, die rückwirkend subjektive Erfahrungsprozesse mit sich bringen.