Konkrete Utopien als Lernprozess

Nicaragua 1979-2019

von

Zum 40. Jahrestag der Sandinistischen Revolution (19. Juli 1979) und zum 1. Jahrestag des Beginns der demokratischen Massenbewegung und deren gewaltsamen Unterdrückung durch Präsident Daniel Ortega (18. April 2018) erscheint dieses neue Buch über Nicaragua. Der Autor Matthias Schindler ist ein Aktivist der Nicaragua Solidarität der ersten Stunde. Er arbeitet die tieferen Ursachen des demokratischen Aufstandes heraus und geht dabei bis auf die Zeiten der Sandinistischen Revolution selbst zurück.

Das Sandinistische Nicaragua der 1980er Jahre war einmal die große Hoffnung einer ganzen politischen Generation, die sich für einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz einsetzte. Die Sandinisten errichteten eine Gesellschaft mit diversen politischen Parteien, demokratischen Wahlen, vielfältigen Massenorganisationen, Glaubensfreiheit und Menschenrechten. Das Sandinistische Modell erschien als die lebendige Gegenthese zum erstarrten „realen Sozialismus“ des sowjetischen Lagers (und auch zu den autoritären Regimes in Vietnam, Angola, Kambodscha oder Iran).

Wie konnte diese faszinierende Revolution derart degenerieren, dass einer ihrer Führer heute mit brutaler Gewalt das eigene Volk unterdrückt? Welche Konsequenzen muss die Linke aus dieser Erfahrung ziehen? Die blutige Repression, die im April 2018 begann, war nicht die Folge eines zufälligen Ereignisses, sondern war das Ergebnis einer längeren politisch-sozialen Entwicklung über die letzten Jahrzehnte hinweg. Ihre tieferen Ursachen lassen sich bis auf die Sandinistische Revolution selbst zurückverfolgen. In ihr waren von Anfang an einige politische Schwächen angelegt, die auch von der damaligen weltweiten Solidaritätsbewegung mit Nicaragua nicht, oder zumindest nicht genügend, beachtet wurden. Insbesondere litt die Revolution nach der Analyse des Autoren an einem mangelnden Verständnis der revolutionären Führung für die Wichtigkeit demokratischer Strukturen und Prozesse auf allen Ebenen der Gesellschaft: in den Massenbewegungen, in den politischen Organisationen, bis hin zu den staatlichen Strukturen. Es ist unverzichtbar, die Schwachpunkte und Fehler dieser Revolution zu analysieren und zu kritisieren, wenn es gelingen soll, ihre bedeutenden positiven Errungenschaften – auch diese gab es! – vor dem Vergessen zu bewahren.

Zum Autor:

Matthias Schindler, Jahrgang 1952, geboren in Hamburg. Maschinenbau Techniker. Vertrauensmann und Betriebsrat der IG Metall in einem Hamburger Industriebetrieb seit 1987. Nach Eintritt in die Rente Studium der Politologie mit Bachelor Abschluss an der Universität Hamburg.

Teilnahme an anti-imperialistischen Mobilisierungen seit den Demonstrationen gegen den Vietnam-Krieg in den 1960er Jahren bis heute. Aktivist in der Nicaragua Solidaritätsbewegung seit 1979. Mitbegründer des Nicaragua Vereins Hamburg und der Städtepartnerschaft zwischen Hamburg und León.

Teilnahme an der Kaffee-Ernte 1983 in Nicaragua. Seitdem regelmäßige Arbeitsaufenthalte mit verschiedenen Aufgaben in Nicaragua. Bisher letzter Besuch in Nicaragua im April 2018.