Lebenssee

Eine skurreale Heimatromanesque

von

Walter Pilar hat für die österreichische Literaturgeschichte das Genre der Heimatromanesque erfunden. Sein Lebenssee präsentiert sich als eine literarische Chronik des Provinziellen, die, vom „autoautopsischen Biograffäweak“ ausschweifend und auf umfassende Ton-, Bild- und Geruchsmaterialien zurückgreifend, zu einer Art fröhlichen Landesgeschichte des Voralpenländischen mutiert. Tatsächlich reiht sich hier der Chronist in die vorderste Linie der Hinterwäldler ein und sein Eintauchen in die Tiefen der verdammten Herkunft (Ebensee) ist vordergründig (eben so) lustvoll angelegt, dass der Zeigefinger des distanzierten Satirikers oder das Ressentiment des heimatbeschädigt Gequälten ohnehin auf der Strecke bleiben. Also keine Anti-Heimat-Geschichte, keine dahergestelzten Haß- und Schmähtiraden, aber ein ernsthaftes Schaben, Reiben und Bügeln einer spezifischen Population, mitsamt der dazugehörigen Landschaft – plus dem Kolorit von Zeit und Natur (Schlüsselfiguren, Kardinalerlebnissen, Seelen-Nöte und -Ängste, Winkel, Ecken und Kanten etc.) Der Chronist ist hier zweifellos ein gewissenhafter Archivar der eigenen Kunst des Zuschauens, Schmeckens, Beißens und Verdauens. Nicht über den Dingen, sondern mitten im Saft wählt er (ins Land einischaun!), hier gräbt er seine Kanäle, da baut er uns die Sandburgen der Erinnerung neu.