Lieber unangenehm laut als angenehm leise

Der Theologe Karl Barth und die Politik 1906-1968

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Karl Barth hat zeit seines Lebens zu politischen Fragen Stellung genommen. Bekannt ist seine Rolle im deutschen Kirchenkampf. Dieses Buch stellt für eine breite Leserschaft erstmals Barths gesamte Biographie unter politischem Aspekt dar – vom ersten, temperamentvollen Vortrag des noch nicht 20jährigen Studenten in seiner Studentenverbindung – über sein Wirken als religiössozialer ‚roter Pfarrer‘ der Bauern- und Arbeitergemeinde Safenwil – bis zu seiner Weigerung, in den 50er Jahren im Strom des Antikommunismus mitzuschwimmen, wobei er gleichzeitig seine Freunde in Osteuropa vor der Anpassung an den Kommunismus warnte. Über die Haltung der Schweiz im Zweiten Weltkrieg wird heute viel diskutiert. Karl Barth leistete damals entschiedenen Widerstand gegen alle Tendenzen zur Anpassung an das nationalsozialistische Deutschland und setzte sich für jüdische und andere Emigranten ein. Das trug ihm u.a. politisches Redeverbot ein. Auf der Darstellung dieser Ereignisse liegt ein Schwerpunkt des Buches. Einiges – z.B. Barths Auseinandersetzung mit dem Historiker Max Silberschmidt in der Neuen Zürcher Zeitung 1939 – ist auch unter Barth-Kennern kaum bekannt. Es zeigt sich, daß Barth stets als überzeugter Demokrat dachte und handelte und immer neu für die Menschenrechte eintrat. Sein Engagement war theologisch begründet: Weil Gott menschlich ist, gilt es gegenüber jedem politischen System zu fragen: ‚Was wird aus den Menschen?‘ Seine Ausführungen zur politischen Ethik sind so differenziert und aktuell, daß die politische und staatsrechtliche Diskussion auch heute noch davon profitieren kann. Jehle schreibt einen eingängigen Stil und setzt keine theologischen Kenntnisse voraus. Wer von Karl Barth gehört, sich aber noch nie mit ihm beschäftigt hat, findet hier einen Einstieg, der ihn von der politischen Stellungnahme zu den theologischen Grundentscheidungen führt.