LW essay

Ein Plädoyer für die Gabe

von

Wir geben, was auch heißt, wir nehmen. Die Wechselseitigkeit der Gabe ist zentraler Baustein sozialer Beziehungen, sie ist Kulturpraxis. Und sie ist mehr als der Tausch, also mehr als ein geschlossenes Zirkulieren von Dingen. In ihr ist immer ein Überschuss enthalten, ein Grad Bedingungslosigkeit, ein Anteil von Unkalkulierbarkeit, ein Rest Risiko. Was das Geben betrifft, erzeugen die Zustände unserer Welt meist Widersprüche. Die Erkenntnis über ein globales Netz hemmungsloser Steuerhinterziehung, wie es die Panama Papers enthüllten, gesellt sich zu Eindrücken überbordender Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge. Ungebremste Finanzspekulation steht neben bürgerlichem Engagement. Blankes Nutzdenken neben einer Euphorie des Gebens. Ein Dualismus, in dem Geben und Nehmen weit auseinander klaffen. Und wo das, was man als Gabensgeschehen bezeichnen könnte, plötzlich sehr eindimensional wird. Für Stephanie Metzger ist das Grund genug, die Gabe theoretisch und praktisch wiederzuentdecken.