Mallorca erzählt – Literatur der Balearen

von

‚Es gab kein Morgen, seit die Gegenwart eine Verlängerung des Körpers des Bösen war, das sich Zug um Zug weiter ausbreitete, Gewalt über die Leben gewann und nach allen Richtungen ausgriff, voller Gier nach verbrannter Erde und Würgeengeln. Man sprach von vielen Toten, von Rache, von Mordbanden, welche die Friedhofsmauern und Straßengräben mit unschuldigem Blut beschmierten, wie mit dem der Verletzten, die er an einem ruhigen Nachmittag hatte an Land gehen sehen, als das Regierungsgeschwader neben ihnen ankerte. Von jenen ersten Nachrichten, die in der Presse erschienen waren, denen zufolge Sprecher der gewählten Regierung ausführten, daß es Tage dauern könnte, den Aufstand niederzuschlagen, war es dazu gekommen, daß man das wahre Ausmaß der Auseinandersetzung und seinen Bürgerkriegscharakter offiziell einräumte.‘

Vermittels der Rekonstruktion der Geschichte einer Familie erzählt der Autor von Monde und Kröten in einer an Fellini erinnernden Weise die Chronik einer Epoche der mallorquinischen Geschichte zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Ausgehend von eigenen Erlebnissen der Hauptfigur und anhand des Fadens des kollektiven Gedächtnisses entsteht eine subjektive Interpretation der Vergangenheit einer von Ackerbau, Fischfang und Schmuggel lebenden Dorfgemeinschaft während einer Zeitspanne, die vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis in die Tage des Spanischen Bürgerkriegs (1936-1939) reicht. Während das alte Mallorca allmählich vergeht und die modernen Zeiten Einzug halten, wird seinerzeit der Schmuggel eine der wichtigsten Antriebsquellen für den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt auf den Balearen.

Antoni Vidal Ferrando, geboren 1945 in Santanyí (Mallorca), hat sowohl Gedichtbände – El brell dels jorns (1986), Racó de n’Aulet (1986), A l’alba lila dels alocs (1988), Els colors i el zodíac (1990), Cartes a Lady Hamilton (1990), Calvari (1992), Bandera blanca (1994), El batec de les pedres (1996) und Cap de cantó (2004) – als auch eine Romantrilogie über Mallorca im 20. Jahrhundert veröffentlicht, die mit vorliegendem Band eröffnet wird. Die beiden weiteren Romane sind La mà del jardiner (1999) und L’illa dels dòlmens (2007). Von Beruf Lehrer, hat er sich auch mit mallorquinischer Geschichte und ihrer Didaktik befaßt und unter anderem La població i propietat de la terra en el municipi de Santanyí (1868-1920) publiziert. Er ist Mitglied der Associació d’Escriptors en Llengua Catalana, sein Werk wurde mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet. Verschiedene seiner Gedichte wurden auch in Anthologien (sowohl auf katalanisch als auch in deutscher, englischer, französischer, galicischer, niederländischer, rumänischer, russischer und spanischer Übersetzung) veröffentlicht.