Martha

von

‚Und seitdem kann ich genauer benennen, was mich mit Martha
verbindet: Diese Lücke, diese Anmutungs-Leere. Denn Martha
war die personifizierte falsche Anmutung – sozusagen Tiefstand
auf dem Anmutometer.‘

Hamburg-St. Pauli Anfang der 1980er-Jahre: Ein junger Schauspielstudent aus der norddeutschen Provinz zieht mit Freunden
in die Davidstraße – wo er Martha Ihde kennenlernt:
‚Klack, klack, köch, köch [.] In der Doppeltür erschien eine kleine, etwa ein Meter sechzig große, schmale alte Frau in einem für ihr Alter verblüff end kurzen Rock, die dünnen, schönen Beine in Nylons, die schlanken Füße in Riemchenschuhen auf beängstigend hohen Absätzen.‘

Seine neue Nachbarin, die ihr ganzes Leben in diesem Viertel verbracht hat, wird für ihn von einer anfänglich
schillernden Panoptikumsfigur im Lauf der Jahre zu einer nahen Bekannten und zu einem Orienti erungspunkt für sein weiteres
Leben. Die skurrilen, komischen und traurigen Episoden, die er mit Martha, ihrem Mann Ernst, dem Hund Tarzan, ihrem Sohn,
dem Krran, und anderen erlebt, prägen sein Verständnis des Viertels, führen ihn zu Reflexionen über seine eigene kleinbürgerliche Herkunft, seine Faszinati on für das Leben auf St. Pauli, seinen angestrebten Beruf, seine Lebensperspektive und seine politische Haltung.

Immer präsent – weil untrennbar verbunden mit dem am Vorbild Martha orientierten freieren Lebensgefühl – sind die in
unmittelbarer Nachbarschaft stattf indenden Zeitereignisse: die Kämpfe um die St. Pauli-Hafenstraßenhäuser, der Niedergang
des Sex-Gewerbes, der Punk.

Ein atmosphärisch dichter autobiografischer Roman und eine eindrucksvolle Hommage an die Protagonistin Martha Ihde.