Materialität und Produktion

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‚Produktion‘ und ‚Materialität‘ sind zentrale Begriffe der Kultur- und Geistesgeschichte, die auf zwei Seiten eines Zusammenhangs verweisen: In der europäischen Tradition bezeichnen sie den Versuch, den Anteil des Menschen an den Veränderungen der Welt zu fassen. Mit ‚Materialität‘ und ‚Produktion‘ wird ein Begriffspaar aufgerufen, das in der europäischen Geistesgeschichte in vielfachen Varianten eine Gegenüberstellung bezeichnet: Materie und Geist, Natur und Kultur, Objekt und Subjekt, Passivität und Aktivität oder (Werk-)Struktur und (Werk-)Prozess. Allerdings ist im vergangenen Jahrhundert die eindeutige Unterscheidbarkeit der Seiten dieser und ähnlicher Begriffspaare immer fragwürdiger geworden. Die in diesem Band versammelten Beiträge aus der Historischen Anthropologie, der Archäologie, der Ethnologie, der Kulturanthropologie, der Mediävistik und aus den Kulturwissenschaften beleuchten Formen von Materialität und Produktion, die dazu beitragen, über die Gegenüberstellung von konstruktivistischen und materialistischen Untersuchungsansätzen hinaus zu gehen. Sie nehmen die Relation und Interaktion von ‚Produktion‘ und ‚Material‘ und die damit verbundene Prozesshaftigkeit in historischer und aktueller Perspektive sowie in einem weiteren gesellschaftlichen Rahmen in den Blick, und sie behandeln Fragen der literarischen und künstlerischen Produktion im 20. Jahrhundert sowie in der Gegenwart.
Die Analyse des Zusammenhangs bzw. des Verhältnisses von ,Materialität‘ und ,Produktion‘ ist zentrales Anliegen des Graduiertenkollegs „Materialität und Produktion“ (GRK 1678) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, in dessen Rahmen Ringvorlesungen zusätzliche Impulse für die Erörterung der Begriffe bieten. Die hier versammelten Beiträge beleuchten aus einer nicht primär im Fächerverbund des Graduiertenkollegs gegebenen Perspektive Formen von Materialität und Produktion in historischer und aktueller Perspektive. Sie behandeln die Zuschreibung von Bedeutung und Sinn bzw. von materiellem und immateriellem Wert einzelner Materialien, untersuchen die mit der Körperlichkeit von Ritualen verbundene Materialität, ergründen den Eigensinn der Materialität und widmen sich Fragen der kulturellen Produktion, wie z.B. der Produktion von Geschichte durch Bilder sowie der Produktion von physischen und psychischen Deformationen durch soziale Medien.