Meine Moderne

Elemente einer subjektiven Literaturgeschichte

von

Der Literaturkritiker Martin Lüdke beschreibt in seiner kleinen Literaturgeschichte einen Bogen der Moderne, etwa von William Faulkner, Claude Simon und Louis Aragon bis zu Philip Roth, von Thomas Bernhard bis zu Peter Handke. Die ausgewählten Beispiele stehen vor einem allen gemeinsamen Horizont, einer Lebens- und Erfahrungswelt, deren Grenzen subjektiv gezogen sind. Lüdkes Urgroßmutter wurde Mitte des 19. Jahrhunderts geboren und ist nahezu hundert Jahre alt geworden. Als Kind saß er buchstäblich zu ihren Füßen und hörte sie von ihrer Jugend erzählen, von Leuten, die Goethe noch persönlich gekannt hatten, von der Kinderarbeit, die damals üblich war, von der Gießerei, die Schillers „Lied von der Glocke“ Pate gestanden hatte, vom ersten Auto, das durch die kleine Stadt fuhr. Die Lebensspanne dieser „Oma Toni“ hat für Lüdke die Zeit seiner Moderne abgesteckt, eine Zeit zwischen Baudelaire und Beckett.Der Versuch, den gesellschaftlichen Fortschritt im Zusammenspiel von Geschichtsphilosophie und Ästhetik in der Kunst zu verorten, ist nun selbst zu einem Stück Kulturgeschichte geworden. Diese Phase der Literaturgeschichte ist, wie Lüdke sagt, „seine“ Geschichte gewesen. Sie ist vergangen. Mit ihr ist er groß geworden. Von ihr hat er lesend gelebt. Die Geschichte geht weiter.