Mordwand und Todeskurve

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Der Motorradrennfahrer Hans Baltisberger ist längst eine Figur der Weltliteratur. Schon vor fünfzig Jahren hat der tschechische Schriftsteller Bohumil Hrabal ihm eine schaurig-traurige Moritat in Prosa gewidmet. »Der Baltisberger hat ein großes Herz«, sagt darin einer der Bewunderer des auf seiner NSU-Sportmax vorbeiflitzenden Betzingers, der zweimal die Deutsche Meisterschaft gewann.
Gleich ob als Werks- oder Privatfahrer, Baltisberger war ein »Profi«, noch bevor dieses Wort fest zum Sprachwortschatz gehörte. Außerdem war »der Mann, der keine Wut kannte«, eines der frühen westdeutschen Sportidole, nicht nur in seiner schwäbischen Heimat, ein Held aus der Sportära vor dem Fernsehen.

Der Eiger war damals der Berg – und das Bergunglück, das sich vor über fünf Jahrzehnten in der Eigerwand ereignete, schien manchen Beobachtern mit der Unaufhaltsamkeit einer antiken Tragödie abzulaufen. Der Berg wurde zum zürnenden Gott, die zwei italienischen und die zwei deutschen Alpinisten, Franz Mayer aus Rottweil und Günter Nothdurft aus Tübingen, die sich in Fels und Eis vorankämpften, die wurden zu glücklosen, unwissenden Akteuren, deren Verderben sich erst im letzten Moment offenbaren würde. So jedenfalls ist das Geschehen in der Wand damals dargestellt worden …

Brillante, spannende Skizzen über zwei Helden der fünfziger Jahre, als der Sport noch »unprofessionell« und »authentisch« war.

Ein Beitrag zum Thema Doppeldeutigkeit und politischer Missbrauch des Sports.