Museum der Ungeduld

Gedichte

von

Thills ‚Museum der Ungeduld‘ nimmt sich Verse aus der Tradition, alte Lieder und vorgefundene Formulierungen zeitgenössischer Kollegen, die er weiterschreibt. Seine Aneignungen von Fundsachen teilen sich auf in Kapitel wie ‚der erdigen Anarchimedes‘, ‚das erschrockene Wort‘, ‚Traumkritik‘. Es werden alte Formen wiederbelebt (Akrostichon) und auseinandergenommen (Sestine, Sonett), große und kleine Namen auf ihren buchstäblichen Inhalt abgeklopft. Thill probiert neue Volksliedstrophen und läßt sich von jeweils einer fremden Zeile emportragen (der Autoren Arp, Tzara, Soupault, Pastior, Mayröcker, Stolterfoht, Egger, Rinck-Cotten). Oder er erprobt gleich alle Zeilen von Schillers ‚Nänie‘ und Opitz´ Ronsard Adaption, indem er jeder einzelnen ein eigenes Gedicht anpasst, nimmt schließlich eine Brecht-Reminiszenz zum Anlaß für den Zyklus ‚Die kleinen Tagzeiten der Abgestorbenen‘, um sich an Raymond Queneaus ‚heissem Fleisch der Wörter‘ metaphorisch zu vergehen.Aus Anproben, Maskeraden und Eroberungen findet sich ein Museum zusammen, in dem es turbulent zugeht. Das Temperament dieser Gedichte ist quecksilbrig. wenn hier der Tradition Schaden zugefügt werden sollte, dann nur um der neuen Formen willen, die dabei entstehen.