Mythologie und Geisterwelten in Amazonien

Versuch einer Umsetzung ins Visuelle

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„Als der mächtigste Schamane unserer Urahnen starb, haben seine heimatlos gewordenen Geister vor Wut und Trauer den Himmel in Stücke gehauen, sodass er auf die Erde fiel. Seither stehen wir auf der Oberseite der Himmelsscheibe und wohnen auf dem Rücken des Himmels.“ Diesen bekanntesten Mythos der Yanomami Nordwest-Amazoniens geben ihre Schamanen seit Jahrhunderten von Generation zu Generation weiter. Noch heute identifizieren sich die Schamanen mit diesen Naturgeistern, die sie zähmen und während ihrer Initiation einladen, in ihrer Brust zu wohnen. Der Brustkorb eines machtvollen Schamanen wird damit zum Runddorf, in dem sich die Geister heimisch fühlen. Mit ihrer Hilfe kann der Pagé jederzeit erfahren, wer für das grosse Unwetter Verantwortung trägt, ein Kind von dessen Krankheit befreien, oder seinem ärgsten Feind den Tod schicken. Heinz Kindlimann versucht in seinem Buch das Unsichtbare in Collagen zu visualisieren und wagt es damit, der Geisterwelt der indigenen Bevölkerung Amazoniens Gestalt zu verleihen. Seine Aufnahmen zeigen neben Kalapalo und Matis mehrheitlich Yanomami, die er über Jahrzehnte hinweg besuchte. Für die ethnologische Einführung zeichnet Gabriele Herzog-Schröder verantwortlich. Sie besuchte seit den frühen 1980er Jahren wiederholt die Yanomami vom oberen Orinoco im Süden Venezulas.