Omnipax

Zwischen Obstparadies und Fleischfabrik

von

Ulrich Holbein: Omnipax. Zwischen Obstparadies und Fleischfabrik
Bibliophile Doppelausgabe zum Wählen: Schafgabe (links) oder Skabiose (rechts).
176 Seiten, DIN A6, Dünndruck, mit zahlreichen Bildern und Collagen.

INHALTSVERZEICHNIS:

Erschröckliche Statistik * Körnerfresser und Aasvertilger * Wie ich wiederholt Vegetarier wurde und dann auch blieb * Er ewige Kampf ums Schwein der Erkenntnis. Aus einer öffentlichen Vegetarismus-Debatte * Verkehrte Welt: Dante-Hölle im Neandertal * KZs mit Hühner-KZs vergleichen- darf man das? Oder muß man das sogar? * Schafskopfeintopf, Büffelpenissuppe, Placentapastete * Verzehr von Thierleichenfleisch, das uns gottunähnlich macht (über den Lebensreformer und Künstler Diefenbach) * Küssen bitte auch Sie deine Feinde! Endlich für immer versöhnt! * Literaturempfehlungen * Namhafte Vegetarier (lückenhaft) * Dezidierte Nicht-Vegetarier (extrem inkomplett) * Der Autor*

KLAPPENTEXT:

Heute kann der vegane Küchenchef im Supermarkt jede Menge Fertiggerichte und Spezialitäten kaufen und tut das auch fleißig. Bei der kritischen Auseinandersetzung mit der fleischessenden Mehrheit ist er dagegen nicht so fleißig und begnügt sich oft damit, sie Mörder zu nennen. Hin und wieder verfaßt er gemeinsam mit seiner Tierrechtsgruppe informative Protestschreiben oder moralische Kurzgeschichten. Das ist natürlich alles richtig, aber literarisch und kulturell etwas wenig.
Daß es auch anders geht, zeigt Ulrich Holbein in „Omnipax“. Auf seinen Streifzügen durch das Neandertal des 21. Jahrhunderts begegnet er Gourmetköchen und Survivalisten, die von tranchierten Gebärmutterhälsen in gekrusteter Kuddelsoße schwärmen, und sinnsuchenden Neuzeitschamaninnen, die mit dem Flugzeug zum animistischen Tieropfer pilgern, um im Einklang mit der Natur zu leben. Der Autor wandert durch die von Schmeißfliegen bedeckten Eingeweidemärkte Bombays und disputiert mit seinem wurstbrotessenden Vater und einer dazuzitierten Runde von Gelehrten, Künstlern, Ärzten, Politikern und Propheten unterschiedlicher Zeiten und Kulturkreise die ethischen und ästhetischen Nebenwirkungen „tierverwertender“ Gesellschaften.
Neben ironisch-beißenden Texten, in denen Ulrich den Zivilisationsschlachthof in ebenso schonungslosen wie opulenten Sprachbildern nachzeichnet, stehen immer wieder Passagen, die von der Machbarkeit eines speziesübergreifenden Friedens künden, und sei es nur, indem zwei Gäste einer Hochzeitsgesellschaft die ihnen zugedachten Forellen, statt sie töten zu lassen, dabei beobachten, wie sie im Teich ihre Bahnen ziehen und schließlich vorsichtig heranschwimmen, um ihre Lebensretter zu begrüßen. Das liest sich rührend, aber kitschig wird es nicht- denn schon hat die nächste Busladung menschlicher Gäste am „Forellenhof“ halt gemacht.
Die Frage ist, ob der Veganer emanzipierter ist als der Fleischesser und sich, wie etwa der Maler und Lebensreformer Diefenbach hoffte, spirituell weiterentwickelt hat. Nicht nur der verspottete „Kohlrabi- Apostel“ wurde eines besseren belehrt, auch Ulrich Holbein stieß in den Kreisen der Nicht- Karnivoren keineswegs auf einträchtig zusammenlebende Artgenossen, sondern auf verkniffene Fräuleins mit aufgestecktem Haardutt und innigst miteinander verstrittene Vegetarier und Veganer (Ist Milchkonsum Beihilfe zum Mord?), Tabubefürworter- und Verächter (Darf man Hühner-KZ sagen oder nicht?) und auf Buddhisten, die „wie plem-plem für Hitlers Erlösung beten“.
Omnipax, so scheint es, gibt es nur im Kölner Karneval und in den Werbeprospekten der Mormonen, wo das Lämmlein beim Löwen liegt und die Erwachsenen züchtig verhüllt lächeln.