Paul Kranzler. TOM

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Nach „Land of Milk and Honey“ liegt nun Paul Kranzlers zweite große Fotoarbeit vor. „Tom“ heißt das neue, in der Edition Fotohof erschienene Buch des 1979 in Linz geborenen Fotografen.
„Tom““ ist eine aus 120 Fotos bestehende Reportage über die häuslichen Lebensumstände eines gerade volljährig gewordenen jungen Mannes. Tom lebt am Land, in einem nicht näher genannten Ort in der Nähe von Liezen.
Tom arbeitet am Bau, er wohnt zusammen mit seiner Mutter, seinem Stiefvater und seinem Stiefbruder in einem dem Abbruch geweihten Bauernhaus im ländlichen Nirgendwo.
In seiner Freizeit bastelt Tom an seiner Stereoanlage oder an den herumstehenden Autos. Tom trifft seinen türkischen Freund, raucht Memphis und trainiert mit dem Heimtrainer. Tom trägt einen Sweater mit der Aufschrift „Versace“ und tut fraglos, was man in seinem Milieu von ihm erwartet: „hackeln“ und zwischendurch zum Bundesheer gehen.
Zwei Jahre lang, von 2004 bis 2006 hat Paul Kranzler Tom und seine Familie immer wieder besucht und fotografisch begleitet. „Tom“ ist ein ungeschminktes, aber auch wohlwollendes Porträt des Lebens so genannter einfacher Leute in der österreichischen Provinz geworden und steht damit in einer fotografischen Tradition, die von Manfred Willmann in „Das Land“ begründet wurde.
„Tom“ ist eine Expedition in die ländliche Gegend, diesen fremden Kontinent vor unserer Haustür. Fremd ist dieses Land nicht, weil wir es etwa nicht kennen würden, sondern weil es uns normalerweise kaum interessiert.
Wie auch schon in „Land of Milk and Honey“, hat sich Paul Kranzler in seiner neuen Arbeit in das unscheinbare Leben von Menschen am Rande der Gesellschaft eingefühlt und starke Fotos mitgebracht. Er zeigt uns, was das Leben dieser Leute zusammenhält, was seine Bezugspunkte und Integrationsriten sind und worin seine Würde besteht.
Der Alltag von Toms Familie ist nichts besonderes. Tom und seine nächsten Verwandten haben kein Geld für teuren Zahnersatz, Reisen, „gesünder Essen“ oder Vollholzmöbel. Sie haben weder die Mittel für noch das Verlangen nach sozialer Mimikry. Sie sind, was sie sind.
Und sie haben ihre Wohnküche, das Bier, die „Tschick“, den Fernseher, die Schrankwand aus dem Einrichtungshaus, den aus der Tradition herübergeretteten Herrgottswinkel, das Lottospielen – und vor allem sich selbst, eine funktionierende Patchworkfamilie als Überlebensstrategie in einer kalten Gesellschaft.
Das Buch ist mit einem Einleitungstext von Markus Binder versehen, dem Schlagzeuger und Texter des Duos „Attwenger“. Hervorzuheben ist auch die kongeniale
Einbandgestaltung – passend zum Inhalt ist das Fotobuch mit einer unverwüstlichen, nussbraunen Holzimitatfolie beklebt.