Quartbuch

von

Domenica Orlando, genannt Mimi, ist vierzehn, als sie ihr Dorf im süditalienischen
Apulien verlassen muss, um mit den Eltern in die Schweiz zu gehen. Ihr
Vater hat dort Arbeit in einer Fabrik gefunden: das Versprechen auf Reichtum
für Tausende von Emigranten in den 1970er Jahren. Mimi erlebt im Norden
ihre erste Liebe, zum 18- jährigen Ippazio, doch in der kargen Unterkunft, die
sie mit vielen Landsleuten teilen müssen, bleiben den beiden nur kleine, verstohlene
Streichholz-Momente des Glücks.
Jahre später, die Familie lebt längst wieder in Apulien, ist aus Mimi eine selbstbewusste
Frau geworden, die immer noch jung ist, ihre halbwüchsige Tochter
allein erzieht und in einer Krawattenfabrik arbeitet. Mit verblüffender innerer
Freiheit und Konsequenz lebt sie ihr – nicht nur für süditalienische Gewohnheiten
– unangepasstes Leben. Ihre eigentliche Stärke aber muss sie beweisen,
als nach und nach die Männer krank werden und an den Spätfolgen ihrer Arbeit
in der Asbestfabrik sterben. So kommt es, dass Mimi in einem Dorf der Frauen
lebt. Doch erst die nächste Generation, ihre Tochter Arianna, wird nachfragen
und die Frauen ermutigen, die Schuldigen zu suchen.
Mario Desiati kommt selbst aus Apulien, er kennt sie, die verstummten Männer;
er gibt ihnen die Stimme zurück, die ihnen genommen wurde.