Reden und Existieren

Kierkegaards antipersuasive Rhetorik

von

In einer Welt „räsonnierender Leierkästen“ verfolgt Søren Kierkegaard mit seinen Schriften ein Ziel, das dem des Sokrates ähnlich ist: Mitteilungsformen zu finden, die den Empfänger im Moment unendlicher Unwissenheit zur Geburt einer neuen Antwort verhelfen sollen.
Tim Hagemann arbeitet in seiner Studie, die gleichzeitig eine Einführung in das Gesamtwerk des dänischen Existenzphilosophen ist, heraus, auf welchen philosophiegeschichtlichen, literarischen, theologischen und biographischen Voraussetzungen eine solche Mäeutik fußt.
Durch unterschiedlichste Pseudonyme, Paradoxa und virtuose Stilbrüche will Kierkegaard seine Leser von konventionellen Meinungen weg- und zu existentiellen Neubewertungen hinführen.Die literarische Apparatur, die Kierkegaard dafür ins Werk setzt, besteht fast gänzlich aus Stilmitteln, die der Romantik entlehnt sind, steht ihr aber radikal entgegen in dem Bedürfnis, statt der Auflösung in ästhetischer Unendlichkeit das Wagnis des Glaubens einzugehen.
Das „säkulare Potential“, das in dieser rhetorischen Kunst Kierkegaards steckt, bleibt noch zu entdecken.
Der Autor:

Tim Hagemann, geb. 1964, studierte Philosophie und Rhetorik in Kiel, Tübingen, Wien und Kopenhagen. Tim Hagemann hat im PHILO-Verlag herausgegeben: Hans Brøchner, Erinnerungen an Søren Kierkegaard (1997) und Søren Kierkegaard, Die Dialektik der ethischen und der ethisch-religiösen Mitteilung (1997), Berliner Tagebücher (2000) und „Bewahre Deine Fuß, wenn Du zum Hause des Herrn gehst“ (2001).