Reihe Literatur

von

Der Prosaband Naive Pflanze des ungarischen Autors Bálint Harcos erzählt den Versuch eines jungen Mannes, sich aus allen sozialen und kulturellen Zusammenhängen herauszulösen, um absolute Freiheit zu erlangen und sich selbst neu entstehen zu lassen. In einem inneren Monolog kappt Harcos’ Ich-Erzähler – die ’naive Pflanze‘ – alle Bindungen, löst sich von seiner Familie, seiner Liebe, seinen Werten, seiner Moral. Dem Ziel, sich durch radikale Abschottung zu befreien, steht am Ende die Erkenntnis der Unmöglichkeit und Sinnlosigkeit dieses Vorhabens gegenüber.

Harcos’ kraftvolle Sprache verrät, dass der Autor ursprünglich in der Lyrik beheimatet ist. Um sein narratives Gerüst rankt sich die Sprache als eigentliche Erzählerin einer zweifachen Geschichte der Zerstörung. Die ’naive Pflanze‘ entwurzelt sich in der Sprache und spiegelt gleichzeitig den kollektiven Fall der modernen Menschheitsgeschichte wider – von der Aufklärung bis Auschwitz.

In seiner Heimat Ungarn ruft Harcos polarisierte Reaktionen hervor; seine ’naive Pflanze‘ schlägt aus, provoziert, überzeichnet – und trifft gerade dadurch ins Mark.