Schlehdorn in der Seele

Die Gothaer Herzogin Louise Dorothee im kreise ihrer Freunde

von

Die Gothaer Herzogin Louise Dorothee gehört ohne Zweifel zu den interessantesten
Frauengestalten Thüringens in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Inmitten des höfischen Barocks und der sich anschließenden Rokokozeit stellt sie sich
als moderne Frau dar, die der sehr bestimmenden Männerriege im Hofstaat richtungsweisend
vorangeht.
Sie ist ein Beispiel für die Frauen mit geschichtlichem Hintergrund, die in den agierenden
Ständen die Gesellschaft erhalten, den Alltag bewältigen und bei allen Aufgaben
auch die Freude des Daseins genießen. Schauen wir in die „gothschen Dörfer“, dann
entdecken wir, dass auch die Untertanen trotz aller Beschwernisse versuchen, den
Lebensstil nachzuahmen und im Ablauf des Jahres ihre Feste zu feiern. Nicht zuletzt
die Frauen schauen auf die Herzogin und ihre Hofdamen, um modische Details an
deren Kleidung zu entdecken und diese für ihre meist selbst hergestellten Dorftrachten
verwenden.
Hineingeboren in die Gepflogenheit, nur französisch zu kommunizieren, kommt die
Herzogin am Ende ihres Lebens zu der Einsicht, dass die Sprache und Kultur ihrer
„Untertanen“ in der Zukunft präsent werden muss und sein wird.
In der Gegenwart verspielen viele Frauen ihren besten Einsatz, den Reiz und den
Charme, die Wärme und das Verständnis für den Partner, für die Kinder, also für die
Familie. So weit wäre Louise Dorothee damals sicher nicht gegangen, denn sie
empfand die nach höfischen Vorgaben durchgeführte Erziehung ihrer Kinder unter
Aufsicht der Hofmeister und anderer Angestellten als unzureichend und auch belastend
für die kindliche Entwicklung.
Als sich ihr ältester Sohn schon mit 10 Jahren damit abfinden muss, in der Fremde in
Genf und in Paris, seine Lehr- und Erziehungsjahre zu absolvieren, erfüllt sie diese
Tatsache mit Sorge und heimliche Trauer. Bei den nächsten Söhnen setzt sie sich
durch, diese bleiben in der Residenz auf Schloss Friedenstein zu Gotha und teilen den
Alltag mit der Herzogin und ihrer Umgebung, ebenso ihre Tochter. Die Feststellung
ihres Bekanntenkreises in Frankfurt/M, die Gothaer Prinzen seien zwar sehr brav, aber
äußerst langweilig, stört sie keinesfalls.
Während der älteste Sohn auf Grund seiner körperlichen Verfassung eine fieberhafte
Krankheit nicht übersteht, gedeihen die beiden zu Hause gebliebenen Buben prächtig
und sind damit gut gerüstet für die Aufgaben, die ihnen in der sich rasch verändernden
Welt bevorstehen.
Den Schmerz über das verlorene Kind teilt Louise Dorothee mit ihrer Freundin, der
Oberhofmeisterin Franziska von Buchwald, die ebenfalls sehr zeitig ihre einzige
Tochter verliert. Franziska begleitet die Gothaer Herzogin seit ihrer Jugendzeit und
hält deren Andenken über den Tod hinaus wach.
Die Briefwechsel mit dem Franzosen Voltaire und Friedrich II. von Preußen sorgen für
einen Bekanntheitsgrad, den die Herzogin nicht vermutet hätte. Dadurch setzt man
sich mit ihr erzählerisch und wissenschaftlich auseinander.