Schnee schlafen

Gedichte

von

Sprachentwaffnung durch Lyrik. Gedichte ohne Form-, Gedanken- und Gefühlsklammern. Sophie Reyer lässt eine neue Welt entstehen, eine Welt ephemerer und doch engrammatischer Zusammenhänge.

Worte gleitend machen, nichts einkreisen, keine Projektile des Benennens mehr, denn „Worte begraben die Dinge: Achselhöhlen des Todes“. Der Gefahr der Sprache mit Sprache begegnen. Schon im Zeilensprung entkrusten und zugleich zusammenfügen, was früher getrennt war. Beklemmung auslösen, dann auflösen. Sich dem Zugriff der Begriffe entwinden, gleiten, entgleiten, zugleiten. Wie in Musik: Vorhall, Zwischenhall, Nachhall. Musik, die gleitet. Gleitend Dinge erleben, die noch niemand erlebt hat: das Angesicht des Windes, das Werden des Schnees, die Behutsamkeit des Wankelmuts, den Klang von Gewalt, die keinen Namen hat. Gleiten des Sinns, Flugeindrücke, fahrige Quintessenzen oder sanftes Streicheln der Bedeutungen. Und umgekehrt zulassen, dass Bedeutungen streicheln … Erlebnisschauer: „Die Stillen der Hügel: stillende Zitzen / die Litzen des Lichts“. Zuletzt doch auch sich der Nacht stellen: „Weisheit der Flocke“.