Schöner Lesen

oder Als wär's ein Stück von mir

von

»Der bei Zuckmayer geklaute Untertitel „Als wär’s ein Stück von mir“ (der dem alten Soldatenlied „Der gute Kamerad“ entlehnt wurde) markiert quasi die Schrumpfform eines Entwicklungsromans. Der Autor (Jg 71?) schildert uns zunächst die noch eingeschränkten Fernsehgewohnheiten seiner Kindheit, bis er mit „etwa sechs oder sieben“ Jahren „auf meinem linken Fuß, kurz vor dem Knöchel, eine kleine dicke Wucherung, die in den nächsten Tägen beständig anwuchs“ entdeckt: „Der Wildwuchs stoppte sein Wachstum erst bei einem erreichten Durchmesser von etwa vier Zentimetern. Liebevoll taufte ich diese seltsame Naturarchitektur ‚Knubbel‘.“ Damit ist der Titel erklärt. Der Text verrät uns in lockerer Selbstironie, wie sich Degens mit seinem Überbein arrangiert, das trotz medizinischer Betreuung nicht verschwindet und ihn immerhin vor der Bundeswehr bewahrt. Erstaunlich ist doch, worüber man alles schreiben kann.« (Karl-Heinz Schreiber, Kult)

»Wer Marc Degens‘ Geschichten kennt, haßt sie oder liebt sie. Ich liebe sie. Mit einer naiven Grundstimmung erzählt er die abstrusesten Geschichten über belanglose Nichtigkeiten. So überzeugend, daß man glauben könnte, sie wären wahr. Gleichzeitig schreit es jedoch in einem: „Das ist doch von vorne bis hinten geflunkert.“ Aber dies eben auf so sympathische Weise, daß man nicht anders kann, als darüber zu lächeln. Wenn der Icherzähler z.B. überzeugend behauptet, er wäre die Reinkarnation von Jim Morrison, weil er auch lange Haare trage und Gedichte schreibe, und als letzten allumfassenden Beweis anbringt, daß er erst eineinhalb Monate nach Morrisons Tod das Licht der Welt erblickte (Jims Geist brauchte diesen Zeitraum, um von Paris nach Essen zu gelangen!), dann ist das genial-blödsinnig. Für einige vielleicht nur blödsinnig. Lieben oder Hassen. Kaufen oder dumm sterben. P.S.: Im Heft sollte es eigentlich um eine Wucherung am Fuß gehen.« (Henze-San, Orange Agenten 3.1)