Schrei nach Liebe

Aufzeichnungen aus einem anderen Leben - Roman

von

Wer dieses Buch, einschließlich des Epilogs, liest, könnte auf den Gedanken kommen, dass eine Mutter mit hohem geistig-moralischem Lebens- und Liebesanspruch in die frühkindliche Seele ihrer Tochter lebenstrübende Vorahnungen senkte. Dass diese, dreijährig unbewußt Zeugin des Liebesrausches ihrer Mutter, als sie dreißigjährig ihr Leben aufgab, je davon wußte, ist ebenso unwahrscheinlich, wie dass sie mit dem Hinterlassen des Buches »Über die Liebe« von Stendhal ihrer Mutter eine Botschaft sandte. Die Geschichte dieses Romans ist nicht die ihre. Sie ist aus einem anderen Leben.
Auf den Spuren ihrer Tochter fand diese Mutter zu ihren eigenen, auch zu ihrer leidenschaftlichen Liebe als Frau von dreißig Jahren. Sie, eine Geschiedene, Mutter zweier Kinder, Lehrerin, bücherversessen, an verschiedene Freundschaften gebunden, war erfüllt von einem eigenen Ideal des neuen Menschen. Obwohl vom Leben und Lieben bereits enttäuscht, glaubte sie dennoch fest an den Sinn des Lebens und der Liebe. Die Frage, ob sich für sie ein jüngerer, verheirateter Armeeangehöriger eignete, stand für sie nicht – sie liebte. Als sie ihr Liebesleben und -erleben aufzeichnete, kannte sie Stendhals Selbstverständnis darüber nicht. Ihre Sicht war nicht die eines Mannes aus dem vorangegangenen Jahrhundert. Was sie, eine Frau im real existierenden Sozialismus 1963/64, mit ihm verband und von ihm trennte, wußte sie damals nicht. Doch die Liebe, Aller-Menschen-Anliegen, nicht wegzudenken aus der Weltliteratur, ist gleicherweise ihr wie sein Thema: »Ich suche Klarheit über diese Leidenschaft zu gewinnen, deren echte Entfaltung stets eine gewisse Schönheit hat.«
Ein Roman auf der Suche nach Auskunft über das Verhältnis von Traum und Wirklichkeit, zeitgebunden und zeitübergreifend, mit sprachlicher Sorgfalt gestaltete Gefühls- und Gedankentiefe, eine vom Schrei beherrschte, spannende Liebesgeschichte.