Schule

Unterstufe - Kurzgeschichten

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Es sind keine schönen Erinnerungen an eine unbeschwerte Schulzeit, die der lettische Autor Pauls Bankovskis in seinem Erzählband Schule ans Licht holt. Doch reibt sich die oft bedrückende Thematik in Bankovskis Geschichten an der verschmitzten Schalkhaftigkeit seiner Sprache und legt so den ambivalenten Charakter des Sich-Erinnerns frei.

Ein Vater erinnert sich an seine eigene Grundschulzeit: Wie sein alkoholkranker Vater ihm den ersehnten Rubik-Kubik, den bunten Zauberwürfel, versprach und ihn schließlich enttäuschte. Ein junger Mann erinnert sich an seinen siebten Geburtstag, den Tag, an dem er sich zum ersten Mal wünschte, tot zu sein, um endlich etwas zu bedeuten. Nicht nur die Opfer, auch die Täter lässt Bankovskis an Erinnerungssucht leiden: Der pädophile Schulrektor versucht sein belastetes Gewissen durch Erinnern, ständige geistige Wiederholung, von Schuld zu befreien. Gleichzeitig drängt er darauf, in der Erinnerung seiner Opfer eine Rolle zu spielen, Spuren hinterlassen zu haben – und wird dadurch zum Wiederholungstäter.

Bankovskis Geschichten sind fiktive Dokumente der Erinnerung und thematisieren gleichzeitig den Prozess des Erinnerns. Sie spiegeln den ewigen, zernagenden Kampf mit der Erinnerung wider, den verzweifelten Versuch der Aufarbeitung von Vergangenem und Unveränderlichem. Die List, die Bankovskis Sprache innewohnt, erzeugt jedoch ein Moment ironisierender Distanz, das auf die Gegenwart verweist und auf eine Zukunft, für die aus dem Nicht-Vergessen-Können geschöpft werden kann, um es besser zu machen – oder zumindest anders.