Sommer am See

Eine Erzählung

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Sommer am See erschien 1958; die Erzählung spielt in den dreißiger Jahren im Kreis des Mailänder Bürgertums. Vigevani schildert die Kleidung von damals, er berichtet von der Musik, die junge Leute in jenen Jahren hörten, von einem Trompetensolo und der Vorliebe für Blues. Held ist der 14-jährige Giacomo, die Erzählung handelt von der Zeit zwischen dem Ende der Kindheit und dem Eintritt in die Welt der beinahe schon Erwachsenen, der „Großen“, wie Giacomo sie nennt. Der Vierzehnjährige ist melancholisch und faul, in der Schule nicht besonders gut, fühlt sich erniedrigt, weil ihn die „Großen“ nicht für voll nehmen und aus ihrem Kreis ausschließen. Zu seinem Eintritt in die Welt der Erwachsenen gehört die obligate Einführung in das Liebesleben und die Erziehung der Gefühle, die die ganze Umgebung des Jungen einschließt: seinen Vater, seine Schwester, die Freunde. Er verliebt sich erst in das junge Dienstmädchen Emilia, danach in eine englische Dame und gewinnt seine ersten Erkenntnisse, die „nicht nur die Sehnsucht nach Harmonie und Schönheit, sondern auch ein Streben nach Auflösung, nach Selbstvernichtung“ bedeutet. „Und außerdem war etwas heillos Grausames dabei, etwas, das er sich gar nicht hätte eingestehen können, auch wenn er es wirklich verstanden hätte.“
Die schöne ausländische Dame hat einen etwas kränklichen Sohn, mit dem sich Giacomo zunächst aus Liebe zur Dame anfreundet; schließlich entsteht zwischen den beiden Jungen eine Freundschaft, Giacomo fühlt sich zum erstenmal in seinem Leben als der Größere, der Gebende. Die Geschichte dieser Sommerferien am Comersee endet mit dem beginnenden Herbst, mit neuer Melancholie … und dem Erwachsenwerden.
Vigevani findet anschauliche Worte, Klänge und Bilder für die schwierigsten Gefühlssituationen. Im Mittelpunkt seiner Beschreibungen steht der See, der anfangs statisch wirkt, scharf in Licht und Schatten getrennt. Die Empfindungen des Jungen spiegeln sich in den wechselnden Bildern; die Sonnenstrahlen lassen das Wasser, die Bäume, die Gärten leuchten, glitzern und funkeln. Giacomos Melancholie und alle Geschehnisse behalten in der ganzen Erzählung den Zauber der Leichtigkeit.
Vigevanis Prosa vereint Genauigkeit mit Eleganz und ist auch der Lyrik verpflichtet. Der italienische Literaturhistoriker Geno Pampaloni vergleicht Sommer am See mit einem Gedicht von Vittorio Sereni aus dem Jahr 1938: Wir sind alle in der Schwebe, hängen an dem Geschehen von heute Abend, hier in dem Umkreis eines Torbedoboots, es mustert uns, dann dreht es ab und fährt davon.