Sommermeditationen

von

Er hat es immer der besonderen Verantwortung des Schriftstellers abgefordert, sich nicht nur durch sein literarisches Schaffen in den Dienst der Wahrheit zu stellen, sondern sich auch für die Bürger- und Menschenrechte zu engagieren. Am 29. Dezember 1989 wurde Václav Havel, weltberühmter Dramatiker, Essayist und Dissident, Staatspräsident der Tschechoslowakei. Er, der sein Leben lang ‚in Konfrontation mit der Macht‘ gestanden hatte, war plötzlich der höchste staatliche Funktionsträger seines Landes. Damals, so schreibt Havel, sei er von der mitreißenden Revolution an die Spitze des Staates getragen worden, aber inzwischen habe sich die Zeit geändert: Der Karneval der Revolution ist vorbei, ‚der Himmel hat sich bewölkt, die Klarheit und die allgemeine Übereinstimmung sind verschwunden, und auf unser Land warten nicht geringe Prüfungen‘.
Die hier vorgelegten ‚Sommermeditationen‘ sind eine Bilanz der ‚Prüfungen‘, die – ruinöse Erblast des totalitären Regimes – den Weg zur Demokratisierung säumen. Aber sie träumen auch von einer Zukunft, in der der ‚Schock der Freiheit‘ überwunden, ‚Gleichmacherei, Uniformität, Anonymität und Häßlichkeit‘ verschwunden sind und die Bürger Selbstbewußtsein und Selbstachtung wiedererlangt haben, ein Gefühl der Mitverantwortung entwickelt und ein neues europäisches Zuhause gefunden haben.