Studien zum modernen Orient

Stereotypische Vorstellungen im Schaffen des Karikaturisten Naji al-'Ali

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Politische Karikaturen dienen gemeinhin als künstlerisches Mittel zur überspitzten Meinungsäußerung und lösen bisweilen extreme Reaktionen wie Zensur und Repression oder persönliche Anfeindung bis hin zur Morddrohung aus – so auch die Werke des palästinensischen Karikaturisten Naji al-‚Ali.
Die Schaffensperiode al-‚Alis währte von den 60ern bis in die 1980er Jahre. Adressaten sind die ›einfachen Menschen‹, für sie wichtige politische Zustände werden auf eine leicht verständliche Art und Weise thematisiert.
Al-‚Ali war wegen seiner äußerst kritischen Karikaturen sehr beliebt. Mehr als 20 Jahre nach seinem gewaltsamen Tod genießen die Karikaturen noch immer enorme Popularität; vor allem die Hauptfigur all seiner Zeichnungen, der kleine Flüchtlingsjunge Hanzala, ist in den Palästinensischen Gebieten und in den palästinensischen Gemeinden in der Diaspora allgegenwärtig. Das Werk al-‚Alis unterliegt somit nicht der prinzipiellen Kurzlebigkeit politischer Kunst.
Warum ist dies so? Warum sind diese Karikaturen bis heute so aktuell?
Der Kondensationspunkt in al-‚Alis Werk ist die Figur des Hanzala. Er trägt eine besondere Eigenschaft: Er ist parteiisch. Er relativiert nicht. Er verkörpert den ›normalen‹ Menschen, der angesichts der realen Verhältnisse und Ereignisse sprach- und einflusslos ist, mit seiner abwartend kommentierenden Haltung, die eine brisante politische Präsenz erzeugt.
Hier wird erstmalig eine Arbeit über das Werk Naji al-‚Alis ausserhalb des arabischen Sprachraums vorgelegt. Sie stützt sich dabei hauptsächlich auf arabische Originalquellen.