System und Evolution des menschlichen Erkennens

Ein Handbuch der evolutionären Erkenntnistheorie. Band 12: Kritik der Erkenntnislehre des transzendentalen Idealismus Immanuel Kants.

von

Um des Glaubens und der ungehinderten spekulativen Betrachtung von Gott, Unsterblichkeit und Freiheit willen begriff Kant das Wissen um Raum, Zeit und Kausalität und die Realität der Dinge als etwas, das – wie er sagt – „weggeschafft“ und „abgesondert“ werden musste. Das bewirkte er unter anderem durch die Ausklammerung der für die Wahrnehmungs-, Denk- und Erkenntnisanalyse an sich zuständigen empirischen Psychologie aus den vernunftkritischen Untersuchungen, ferner durch den Ausschluss des analytischen (Unterschiede am Gegenstand ermittelnden) Urteils und die Überbetonung des synthetischen Urteils, und schließlich durch die konsequente Anwendung des als Erklärungsmodell dienenden archaischen Materie-Form-Schemas auf die Erkenntnisvorgänge.
Samt den Subjektivierungen führten diese Anschauungen ihn gegen Ende seines Lebens im Opus postumum (1802) in den absoluten Solipsismus, den Wahn der Selbstvergottung, „dass ich selbst allein die Welt bin.“

***

For the sake of belief and of the unimpeded speculative examination of God, immortality and freedom, Kant conceived knowledge of space, time and causality and the reality of things as something which had to be – as he put it – ‘removed’ and ‘isolated’. He achieved this in part by setting aside of the empirical psychology responsible for the analysis of perception, thought and cognition per se, in part through the exclusion of analytical judgement (that identifies differences in an object) and overemphasis o f synthetic judgement, and finally through the consistent application of the archaic material-form schema as an explanatory model for the processes of cognition.
Towards the end of Kant’s life these assumptions, together with subjectivisation, led in the Opus postumum (1802) to absolute solipsism, the delusion of self-deification, “that I myself alone am the world”.