Tableaux vivants

Näherrückende Landschaften

von

Photographien und Photogramme sind Lichtspuren, die sich auf Silberbromid niedergeschlagen haben – die einen vermittels des Okulars einer mobilen Black Box auf Film, die anderen als direkte Belichtungen von Gegenständen auf Photopapier. Beiden gemeinsam sind Stillstellung und Vergänglichung von Zeit. Görtz’ »Photogramme« – so nennt sie ihre Prosastücke – verhalten sich dazu gegensätzlich, wie Umkehrfilme. Es sind geschriebene Bilder. Die kurzen Prosastücke reichen von der Minimierung der erzählten Zeit gen Null bis hin zu Überblendungen eines 24-Stunden-Tags mit seinen wandernden Schattenwürfen, Lichtwechseln und Geschehnissen von der Morgenkühle über die Mittagshitze und Abenddämmerung bis in die Nacht hinein – von einer sudanesischen Landschaft, einem Feldweg in Deutschland, einer Lissaboner Straße oder einem Flüchtlingslager in Uganda.
Görtz’ »Photogramme« sind erzählte Tableaux vivants und auch literarische Kurzzeitbelichtungen einer Vielgereisten, deren Augen nicht die Photokamera ersetzen wollen, sondern sie erzählend schlicht überflügeln. Ihre Prosa bringt, eben weil sie nicht den Anspruch auf die ›Objektivität‹ einer kamerabewehrten Reportage erhebt, uns umso viel mehr das sonst Verborgene mit, egal ob geographisch fern oder vor unserer Haustüre unser Blick darauf fällt.