Terrains vagues

In diesem Zeichen

von

Terrain vague – ein Gebiet, das durch Vernachlässigung und Nichtbeobachtung als sich selbst überlassener kulturloser Raum ganz und gar dem Walten der Natur und ihrer Kräfte ausgesetzt ist. Alles kann sich abspielen, wo sich nichts abspielen soll. Der Off-Bereich der Subkultur, ungeliebt von den Mächtigen, die gerne alles unter ihre Kontrolle zwingen und dem Menschen am liebsten das Schreiben und Zeichnen verbieten würden – weil alle Selbstbehauptung des Individuums mit dem Zeichnen beginnt und die Herrschaft über die Zeichen die Herrschaft über die Seelen bedeutet -, ist per se solch ein „vages“ unbestimmtes „Terrain“, bis die Kulturfunktionäre und A&R Agenten es in die Finger kriegen. Sobald ein Terrain vague entdeckt, fotografiert, archiviert und zum Gegen-stand künstlerischer Betrachtung und Bearbeitung gemacht wird, hat es seine Unschuld verloren – wie ein Tempel, der vom Ort der Anbetung zum Schauplatz der Händler und Krämer verkommen ist. Symbol des Widerstandes der rückstandslosen Entzauberung des Unberührten ist die Dornenhecke, deren wesentliches Merkmal ist der Dorn – die Dornenkrone aber das Zeichen der heldenhaften Überwindung einer dornigen Welt, Zeichen der Rückeroberung des Lebens im Kampf gegen die Damnatio memoriae. Nachdem die Symbole aus der Kartusche eines Pharao ausgemeißelt worden waren, traten neue Symbole auf den Plan, Symbole, die stärker waren, denn die alten hatten ihre Kraft eingebüßt.
†††
Es gibt Zeichen, die unauslöschlich scheinen: der Drudenfuß, das Friedenszeichen, das geschwungene Symbol der Harmonie, die Mondsichel, der Davidsstern und das Kreuz, das schon so viele in blutiger Überzeugung auf Wege der Zerstörung gelenkt hat, nachdem sie meinten, es am Himmel gesehen zu haben. I*H*S! Und der Krieg kann beginnen. Aber es steht auch für Demut und Überwindung im Zustand der Anfechtung und Bedrängnis. Die hochmütigen Verwalter, die den Schlüssel zur totalen Ausdeutung in Händen zu halten glauben, dürfen nicht die Sicht auf die Reinheit der klärenden Kraft vernebeln. Man darf den Fanatikern und Radikalen nicht das Feld überlassen. Es geht darum, den mächtigen Zeichen den Zauber ihrer Ohnmacht zurückzugeben, den Charme ihres vagen Ursprungs, die Vieldeutigkeit ihrer Anfänge. Einst gab es das Paradies. Jenseits von ihm, ist es für uns ein Terrain vague. Trost fanden wir in den Zeichen und ihren Deutungen. Wenn die Freiheit der Deutung endet, wandelt sich der Trost zum Terror. Daher findet diese Ausstellung im Zeichen einer freien