Theatertexte

Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen

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Der schon den Zeitgenossen weitgehend unbekannte Carl Philipp von Reitzenstein (1764–1813) entstammte dem fränkischen Uradel. Nach einer gründlichen juristischen Ausbildung in Erlangen, Göttingen und Berlin wurde er Verwaltungsjurist in seiner Heimatstadt Nemmersdorf bei Bayreuth. Neben einem Versuch über die Sittenveredlung durch bessere Gesetze (1798) schrieb er zwei Tragödien und einen Bericht über eine Wienreise – der aufschlussreich ist, weil in ihm Reitzensteins Poetik in nuce formuliert ist: Eine Ablehnung der Entwicklung des deutschsprachigen Dramas seit Lessing und eine Anknüpfung an die Tradition der französischen Klassik.
Reitzensteins Die Negersclaven (1793) ist eines der bedeutendsten deutschsprachigen Abolitionsdramen. Als in Jamaica die Nachricht eintrifft, dass das britische Parlament das Ende der Sklaverei ablehnt, entfacht Donald – der Neffe des Sklavenbesitzers und britischen Statthalters – aus tiefer Enttäuschung über seine inhumanen Landsleute eine Revolution der Sklaven gegen ihre Herren. Am selben Tag aber erreicht eine zweite Nachricht die Insel: Das britische Parlament hat seinen vorigen Beschluss revidiert und die Abschaffung der Sklaverei beschlossen. Die Revolution mit ihren Grausamkeiten aber ist nicht mehr zu aufzuhalten, anstatt auf das Parlament zu vertrauen, hat Donald das Land in Anarchie gestürzt.
Das Nachwort von Nikola Keller stellt Reitzensteins Tragödie in den Kontext der Abolitionsdramen und gibt einen Ausblick auf die überraschend breite Wirkung, die das Stück in Übersetzungen entfaltet hat.
Beigegeben sind der vorliegenden Ausgabe Auszüge aus Reitzensteins Reise nach Wien, sowie biografische Materialien.