»Unbedingt Musik«

Erinnerungen

von

Michael Gielen wird 1927 in Dresden als Sohn des späteren Burgtheaterdirektors Josef Gielen und der Schauspielerin Rose Steuermann geboren und verbringt seine ersten Jahre in Berlin. Die Machtübernahme durch die Nazis zwingt die Familie in die Emigration, zuerst nach Wien, später nach Argentinien. Als Korrepetitor am Teatro Colón begegnet er den großen Dirigenten dieser Zeit: Erich Kleiber, Otto Klemperer, Fritz Busch und Wilhelm Furtwängler, erlebt die ersten grandiosen Auftritte der Callas. Als er mit 22 Jahren das gesamte Solo-Klavierwerk von Arnold Schönberg aufführt, wird er bekannt. Erst 1950 kehrt Gielen nach Wien zurück und arbeitet als Dirigent an der Staatsoper, zusammen mit Clemens Krauss, Herbert von Karajan und Karl Böhm. Der wichtigste Abschnitt in seiner Dirigentenkarriere wird Frankfurt am Main. Die Zusammenarbeit mit Ruth Berghaus, Hans Neuenfels, Jürgen Flimm, Harry Kupfer und Volker Schlöndorff, die die »Ära Gielen« (1977 – 87) begründet, wird für ihn selbst zum »zentralen Ereignis«. Bach, Beethoven und Mahler huldigt er als den ganz Großen, und viele der modernen Komponisten hat er bekannt gemacht. Angst vor unbequemen Wahrheiten hat Gielen nie gekannt, und direkt und ungeschminkt sind auch die Urteile, die er über Kollegen fällt. Musik ist für ihn das Angebot an eine wache Hörerschaft, »der Wahrheit zu begegnen. Und die ist nicht immer angenehm.«

Michael Gielen ist einer der großen Dirigenten unserer Zeit. Als Interpret weltweit bekannt und als Komponist hochgeschätzt, ist er eine Institution in der internationalen Musikwelt. Musik war für ihn nie »Beruhigungsmittel«, provokativ wollte er sein. Offenheit und Mut zur direkten, freimütigen Äußerung kennzeichnen auch seine Erinnerungen – Erinnerungen eines erfolgreichen Musikerlebens.